Weißes Haus warnt Syrien vor Militärschlag bei Fassbombeneinsatz

Die Suche nach Überlebenden nach einem Fassbomben-Angriff in Aleppo.
Die Suche nach Überlebenden nach einem Fassbomben-Angriff in Aleppo.REUTERS/Abdalrhman Ismail
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Wenn Babys und Kinder unter Fassbomben litten, sei man geneigt, zu handeln. Die USA wollten wieder als globale Ordnungsmacht auftreten, meint der US-Außenminister.

Der Giftgasangriff auf das syrische Khan Sheikhoun vergangene Woche stellte für US-Präsident Donald Trump eine "rote Linie" dar, die Washington am Freitag mit einem Luftangriff auf einen syrischen Stützpunkt verteidigte. Doch der Sprecher des Weißen Hauses Sean Spicer warnte das Regime unter Machthaber Bashar al-Assad am Montag, keine Fassbomben mehr gegen Zivilisten einzusetzen - und deutete damit eine mögliche Ausweitung der Kriterien für ein militärisches Eingreifen in Syrien an.

"Wenn man zusieht, wie Babys und Kinder vergast werden oder unter Fassbomben leiden, dann ist man augenblicklich geneigt, zu handeln", sagte Spicer. "Das ist inakzeptabel." Ein anderer Sprecher der Trump-Administration schwächte die Aussagen Spicers wenig später jedoch ab: Nichts habe sich an der Einstellung der USA geändert. "Der Präsident behält sich die Möglichkeit vor, gegen das Assad-Regime vorzugehen, wenn es in unserem nationalen Interesse liegt", sagte Michael Short.

Nach Angaben syrischer Menschenrechtsorganisationen hat das syrische Regime 2016 12.958 Fassbomben eingesetzt. Dabei seien 653 Zivilisten ums Leben gekommen. Der UNO-Sicherheitsrat forderte Damaskus bereits 2014 in einer Resolution auf, den Einsatz der zerstörerischen, improvisierten Bomben, die oft einfach aus großen mit Benzin und Granatsplittern gefüllten Behältern bestehen, zu beenden.

Spicer erneuerte bei der Pressekonferenz die Aufforderung von Präsident Trump an die internationale Gemeinschaft, sich dem Kampf der USA zur Ablösung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad anzuschließen. Es gehe um die Vernichtung von Chemiewaffen, aber auch um die Herstellung einer politischen Situation, die zu einer neuen Führung in Damaskus führe.

Anzeichen für US-Kurswechsel

Gleichzeitig betonte Spicer, dass die Bekämpfung der Terrormiliz IS weiter oberste Priorität für die USA habe. "Den Konflikt zu deeskalieren, den IS in Schach zu halten, das ist die größte humanitäre Entlastung, die wir leisten können", sagte er. Damit bekräftigte er die Aussagen von Außenminister Rex Tillerson, der an diesem Mittwoch zu Gesprächen in Moskau erwartet wird, bei denen es auch um Syrien gehen soll. Verbrechen gegen die Menschlichkeit würden nicht ungesühnt bleiben, sagte Tillerson vor einer Außenminister-Tagung der Industriestaatengruppe G7 in der Toskana.

Die USA wollten wieder als globale Ordnungsmacht auftreten: "Wir verschreiben uns wieder dem Ziel, jeden in der ganzen Welt zur Rechenschaft zu ziehen, der Verbrechen an Unschuldigen verübt", sagte Tillerson am Montag - und verstärkte den Eindruck eines Kurswechsels in der US-Außenpolitik. Trump hatte seinen Anhängern versprochen, eine weniger interventionistische Politik als sein Vorgänger Barack Obama zu verfolgen.

Dem widerspricht auch die Verlegung eines Flugzeugträgers in die Gewässer um Nordkorea. Der kommunistische Staat hatte die Weltgemeinschaft mit Raketentests und Arbeiten an einer Atombombe wiederholt herausgefordert. Tillerson erklärte, der Luftangriff gegen die syrische Armee sei auch eine Warnung an Länder wie Nordkorea.

Irritationen über Widersprüche zwischen Tillerson und Haley

Für Irritationen sorgten zudem Widersprüche zwischen Tillerson und der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley. Während Tillerson erklärte, der Kampf gegen die Extremistengruppe IS habe in Syrien Priorität, sagte Haley, oberstes Ziel sei die Absetzung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Ein hochrangiger europäischer Diplomat sagte, zwar würden sich die USA zu einem Regierungswechsel in Damaskus bekennen. Bei den G7-Vorbereitungen engagierten sich die US-Vertreter aber nicht dafür: Die Amerikaner "tappen planlos im Dunkeln".

Unterstützung bekam Trump von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der britischen Premierministerin Theresa May. In getrennten Telefonaten hätten die beiden Politikerinnen ihre Unterstützung für das Vorgehen der USA ausgedrückt, teilte das US-Präsidialamt am Montag mit. Sie seien mit Trump über die Wichtigkeit einig, den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad für einen mutmaßlichen Giftgasangriff zur Verantwortung zu ziehen.

Das Amt von May teilte mit, die Premierministerin sei sich bei dem Telefonat mit Trump einig gewesen, dass es jetzt eine Chance gebe, Russland von seiner Unterstützung für Assad abzubringen. Der Besuch von US-Außenminister Rex Tillerson diese Woche in Moskau biete eine Gelegenheit, Fortschritte für eine nachhaltige politische Lösung des Konflikts zu erzielen.

(APA/dpa)

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