Tillerson fordert Assads Abgang

U.S. Secretary of State Rex Tillerson arrives to pose for a family photo during a G7 for foreign ministers in Lucca
U.S. Secretary of State Rex Tillerson arrives to pose for a family photo during a G7 for foreign ministers in Lucca(c) REUTERS (MAX ROSSI)
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Der Besuch des US-Außenministers Rex Tillerson in Moskau verstärkt die Polarisierung der beiden Länder im Syrien-Konflikt.

Wien/Moskau. Als Rex Tillerson noch als Boss des mächtigen Ölkonzerns Exxon nach Russland reiste, standen ihm in Moskau gewohnheitsmäßig alle Türen offen – bis hinein in den Kreml. Vor vier Jahren dekorierte Wladimir Putin ihn sogar mit dem Freundschaftsorden, den höchsten Weihen für einen Ausländer. Diesmal bleibt dem neuen US-Außenminister dem Vernehmen nach indessen eine Audienz beim russischen Präsidenten verwehrt. Es sollte auch nicht um die Erschließung von Öl- und Gasfeldern und um Milliardengeschäfte gehen, sondern um Sanktionen, um das Schicksal des syrischen Diktators Assad und den Ukraine-Konflikt.

Putin, so verlautete knapp aus dem Kreml, sei unabkömmlich. Es ist ein Bruch mit den diplomatischen Gepflogenheiten: Für den Antrittsbesuch eines US-Außenministers in Moskau hat noch jeder Kreml-Herr seinen Terminkalender freigeschaufelt. Russische Medien ergingen sich freilich in Spekulationen: Womöglich finde sich ja doch noch Zeit für ein Gespräch zwischen dem Präsidenten und dem Gast aus Washington.

Ein entspanntes Plauderstündchen wäre allerdings selbst in diesem Fall kaum zu erwarten. Noch ehe Tillersons Flugzeug am Dienstagnachmittag in Moskau aufsetzte, hatte ihm die Regierung schon einen frostigen Empfang bereitet. Als hätte es den Kalten Krieg, die Blockade Berlins und die Kuba-Krise nie gegeben, stufte die Öffentlichkeitsabteilung des Außenministers Sergej Lawrow die Beziehungen zwischen den USA und Russland als so schwierig ein wie nie seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Sollte dies den unerfahrenen US-Chefdiplomaten Tillerson gleich zum Auftakt einschüchtern?

Putin und seine Umgebung reagierten ziemlich eingeschnappt auf den US-Militärschlag in der Vorwoche gegen Bashar al-Assad, ihren syrischen Protegé. Dimitrij Medwedjew sprach gar davon, dass Russland und die USA am Rande einer militärischen Konfrontation gestanden seien. Der US-Angriff hat die Kreml-Führung sichtlich auf dem falschen Fuß erwischt. „Es war wie eine kalte Dusche“, sagt ein Russland-Experte in Washington. Nach den Wahlkampftönen Donald Trumps war Russland auf eine signifikante Verbesserung der Beziehungen eingestellt gewesen.

Der diplomatische Konflikt um Syrien hat sich in den vergangenen Tagen hochgeschaukelt. Russland besteht auf einer vermutlich langwierigen UN-Untersuchung des mutmaßlichen syrischen Giftgasangriffs, Putin glaubt an Provokationen seitens der USA und weiterer Luftangriffe gegen das Assad-Regime. Er wirft Washington vor, den syrischen Regierungstruppen chemische Substanzen zu unterschieben. Umgekehrt hält Tillerson Russland vor, bei der Kontrolle Assads versagt zu haben.

Konsens unter Ministerkollegen

Bestärkt von seinen Amtskollegen beim G7-Treffen im italienischen Lucca, kam der US-Außenminister mit einem klaren Auftrag nach Moskau. Er sollte auf seine Gesprächspartner einwirken, den syrischen Diktator fallenzulassen und so die Option für eine politische Lösung im Syrien-Krieg freizumachen. Dies war Konsens unter den Außenministern in Lucca, Tillerson hat ausdrücklich die Rückendeckung aus London und Berlin. Großbritannien und Kanada brachten gar eine Verschärfung der Sanktionen ins Spiel, sollte Moskau die Kooperation verweigern.

Die Tillerson-Visite wird den Ton für die Russland-Politik der Trump-Regierung vorgeben. So amikal wie bei der Ordensverleihung vor vier Jahren wird es wegen der Interessenkonflikte vorläufig wohl kaum zugehen. Russland und die USA steuern auf eine neue Konfrontation zu – wie nach der anfänglichen Charmeoffensive unter George W. Bush und Obama.

AUF EINEN BLICK

Syrien-Krise. Die USA und die führenden Industriestaaten pochen seit dem jüngsten Giftgasangriff in Syrien auf einen Abgang Bashar al-Assads. Russlands Präsident Putin wirft den USA dagegen Provokationen vor. Angeblich sollen sie dem Assad-Regime Giftgas unterschieben. Putin geht von weiteren US-Angriffen aus. Die Syrien-Frage ist Hauptthema bei dem zur Zeit stattfindenden Besuch des US-Außenministers Rex Tillerson in Moskau.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2017)

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