Wladimir Putin ließ Tillerson warten

Die gegenseitigen Sympathiebekundungen zwischen Moskau und Washington sind Tage vor dem Treffen von Lawrow (l.) und Tillerson (2. v. r.) harten Worten gewichen.
Die gegenseitigen Sympathiebekundungen zwischen Moskau und Washington sind Tage vor dem Treffen von Lawrow (l.) und Tillerson (2. v. r.) harten Worten gewichen.(c) imago/ITAR-TASS (Stanislav Krasilnikov)
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Nach anfänglichem Zieren empfing Präsident Putin den US-Außenminister bei seiner ersten Visite doch. Trump befeuerte den Konflikt: Der Kreml habe vom Giftgasangriff in Syrien gewusst.

Moskau/Wien.  Das Ergebnis des ersten Besuchs von US-Außenminister Rex Tillerson am Mittwoch in Moskau kann man getrost als mäßig bezeichnen. Es begann damit, dass sein Gegenüber, der alte Polit-Fuchs Sergej Lawrow, eine kühle Miene beim Handshake aufsetzte. Und dann dauerte es für diplomatische Gepflogenheiten lange, bis der eigentliche Zar im Kreml, Wladimir Putin, dem Amerikaner auch noch ein wenig seiner Zeit schenkte.

Sie, sowie die Unterredung der Minister untereinander, ergab etwa den Befund, dass die bilateralen Beziehungen auf ein „gefährlich niedriges Niveau“ gesunken seien, das den Weltfrieden bedrohe. So gehe es nicht weiter, sagte Tillerson später. Moskau gab überraschend zu Protokoll, dass Syriens Machthaber Bashar al-Assad nicht zwingend der sei, mit dem man den Krieg beenden könne. Allerdings sei er, so Lawrow, nicht für den Chemiewaffenangriff der jüngsten Vergangenheit verantwortlich. Überdies beklagte Lawrow „Sünden“ des Westens, etwa die Interventionen im Kosovo 1999 und Libyen 2011. Immerhin habe Putin gesagt, dass man das Flugsicherungsabkommen über Syrien, das nach den jüngsten Angriffen der USA dort ausgesetzt worden war, wohl wieder befolgen werde.

Es sei ein „wichtiger Moment“ für eine Zusammenkunft der Außenminister der USA und Russlands, sagte Rex Tillerson, der als erster Repräsentant des Kabinetts von Donald Trump nach Moskau gereist war. In den vergangenen Monaten habe man aus Washington viele verschiedene Positionen zu den russisch-amerikanischen Beziehungen vernommen, hatte vor dem Treffen sein Kollege Sergej Lawrow angemerkt, der eingangs den aus seiner Sicht wohl allzu neugierigen US-Journalisten aus dem Pressepool Tillersons „keine Manieren“ bescheinigt hatte.

Trump auf Konfrontation mit Russland

Niemand hatte ein einfaches Treffen und schon gar keine Sofort-Lösungen für die Verwerfungen zwischen den beiden Mächten erwartet. Nach dem US-Raketenschlag auf eine syrische Militärbasis in der Vorwoche als Vergeltung für einen mutmaßlichen Giftgasangriff des Assad-Regimes waren die Spannungen zwischen Moskau und Washington erneut gestiegen.

Vor dem Treffen gab es neuen Stoff. In Washington wurde ein Dokument veröffentlicht, das Beweise für den Einsatz chemischer Waffen und Aussagen von Opfern enthalten soll. Die USA seien „sicher“, dass das syrische Regime einen Sarin-Angriff durchgeführt habe „gegen seine eigene Bevölkerung“. Auch Tillerson hatte vor dem Besuch angekündigt, er wolle erwirken, dass Moskau seine Unterstützung für den syrischen Machthaber Bashar al-Assad einstelle.

Wenig später lieferte US-Präsident Donald Trump nach: Er bezichtigte Russland, von dem Giftgasangriff im Voraus gewusst zu haben. "Ich wünschte, ich könnte sagen, dass sie es nicht wussten, aber sie konnten es sicher wissen", sagte Trump am Mittwoch nach einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Washington. "Sie waren da unten." Die Beziehungen zu Russland liefen nicht gut, sagte Trump weiter. Möglichweise seien sie an einem Tiefpunkt angekommen

Moskau gegen Ultimaten

Diese Ankündigung kam in Moskau gar nicht gut an. „Es sollten längst alle verstanden haben, dass man nicht mit Ultimaten zu uns kommen kann“, sagte Außenamts-Sprecherin Maria Sacharowa, die bekannt ist für ihre schnippische Art, dem TV-Sender Doschd. Demonstrativ hat Moskau für Freitag ein Außenministertreffen mit Syrien und dem Iran einberufen.

Auch Putin hatte in einem TV-Interview kräftig ausgeteilt. Dass sich die Nato-Mitgliedsländer einhellig hinter Trump stellten, verglich er mit dem Nicken chinesischer Götzenbilder. Er hielt an der Moskauer Linie fest, dass es für eine syrische Schuld an dem Chemiewaffenangriff keine Beweise gebe. Die Beziehungen zwischen Washington und Moskau hätten sich seit dem Amtsantritt Trumps noch verschlechtert, sagte er.
Die harten Worte aus dem Kreml sind neu. Insbesondere bei der eigenen Bevölkerung hatte der Kreml durch euphorische Medienberichterstattung die Hoffnung geweckt, dass mit einem Präsidenten Donald Trump die Eiszeit zwischen Washington und Moskau bald enden könnte. Während des US-Wahlkampfs nannte Putin Trump einen talentierten Kandidaten.

Der Sieg des Geschäftsmannes über Hillary Clinton war als Triumph „unseres Mannes“ dargestellt worden; die verharmlosenden Äußerungen Trumps über die russische Krim-Annexion und seine Ablehnung der Sanktionen hatten in Russland die Hoffnung geweckt, dass etwa im Krisenherd Ukraine mit Trump ein schneller Deal nach russischen Vorstellungen gefunden werden könne. Doch Trump kann sich nicht so einfach aus den Spurrinnen der US-Politik treten, und hat zuletzt gar seine Ablehnung von Interventionen abgelegt. Der US-Militärschlag in Syrien zwingt Moskau zum Umschwenken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2017)

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