Erdogan: Sieg bei Referendum wird Todesstrafe Weg ebnen

Präsident Erdogan wirbt für ein "Evet" beim Verfassungsreferendum.
Präsident Erdogan wirbt für ein "Evet" beim Verfassungsreferendum.APA/AFP/Turkish Presidential Pre
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Präsident Erdogan tritt am Samstag vier Mal auf, um für sein Präsidialsystem zu werben und bringt die Todesstrafe erneut aufs Tapet.

Am letzten Wahlkampftag vor dem Referendum in der Türkei hat Staatschef Recep Tayyip Erdogan um massenhafte Zustimmung zu dem von ihm angestrebten Präsidialsystem geworben. "Geht an die Urnen und wählt", sagte Erdogan am Samstag vor jubelnden Anhängern in Istanbul. "Denkt daran, was passieren wird, wenn die Urnen - so Gott will - vor "Ja"-Stimmen platzen. So Gott will, wird diese Nation morgen Abend ihr eigenes Fest feiern."

Ein Sieg von Präsident Erdogan beim Referendum an diesem Sonntag werde den Weg für die Wiedereinführung der Todesstrafe ebnen. "Meine Brüder, meine Entscheidung über die Todesstrafe ist offensichtlich", sagte er am letzten Wahlkampftag vor dem Verfassungsreferendum vor jubelnden Anhängern in Istanbul.

Todesstrafe als nächster Schritt

"Wenn das Parlament sie verabschiedet und sie mir vorliegt, werde ich zustimmen und die Angelegenheit beenden. Wenn das nicht geschieht, werden wir ein weiteres Referendum darüber abhalten und die Nation wird entscheiden." Der Staatschef fügte hinzu: "Die Entscheidung morgen wird den Weg dafür öffnen."

An diesem Sonntag sind die Türken dazu aufgerufen, über die Einführung eines Präsidialsystems abzustimmen, das Erdogan mit deutlich mehr Macht ausstatten würde. Gegner des Präsidialsystems befürchten eine Ein-Mann-Herrschaft. Erdogan hatte eine mögliche Wiedereinführung der Todesstrafe nach dem Putschversuch vom Juli 2016 ins Spiel gebracht. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig. Eine 60-Prozent-Mehrheit würde ein Referendum ermöglichen.

"Sie halten uns seit 54 Jahren hin"

Die EU hat deutlich gemacht, dass der Beitrittsprozess der Türkei beendet würde, sollte Ankara die Todesstrafe wieder einführen. Erdogan sagte am Samstag, auch mit Blick auf die Beziehungen zur EU sei das Referendum am Sonntag ein "Wendepunkt". Er kritisierte mit Blick auf die EU erneut: "Sie halten uns seit 54 Jahren hin." Erdogan plante am letzten Wahlkampftag vier Auftritte in Istanbul.

Der Ausgang des Referendums am Sonntag scheint allerdings offen: Eine Umfrage der Konda-Gruppe sieht das Ja bei 51,5 Prozent, während eine Umfrage der Sonar-Gruppe 51,2 Prozent für das Nein-Lager erwartet.

(APA/dpa)

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