Trump gratuliert Erdogan zum Referendumserfolg

Trump bedankte sich für die Unterstützung des US-Luftangriffs in Syrien.
Trump bedankte sich für die Unterstützung des US-Luftangriffs in Syrien.APA/AFP/MANDEL NGAN
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Der US-Präsident überbringt seinem Amtskollegen telefonische Glückwünsche. Ankara verlängert erneut den Ausnahmezustand, unter dem Erdogan per Dekret regieren kann.

US-Präsident Donald Trump hat dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan zum Ausgang des Verfassungsreferendums gratuliert. Trump habe dem türkischen Präsidenten am Montag telefonisch Glückwünsche überbracht, bestätigte das Weiße Haus am Montagabend (Ortszeit). Trump habe sich in dem Telefonat zugleich bei Erdogan für die Unterstützung des US-Luftangriffs auf einen syrischen Armeestützpunkt als Reaktion auf einen mutmaßlichen Einsatz von Giftgas bedankt, teilte das US-Präsidialamt am Montag mit.

Trumps Sprecher Spicer hatte sich am Nachmittag noch zurückhaltend zum Ausgang des Referendums geäußert. "Es gibt eine internationale Kommission, die das untersucht und in zehn bis zwölf Tagen ihren Bericht veröffentlichen wird. Wir werden warten und sie ihren Job machen lassen", sagte er mit Blick auf die Kommission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Das US-Außenministerium forderte die Regierung und Präsident Erdogan auf, die grundlegenden Rechte und Freiheiten aller Bürger zu achten. Dabei dürfe es nicht darauf ankommen, wie diese am 15. April abgestimmt hätten, hieß es in einem Statement des Sprechers Mark Toner. Auch er nahm Bezug auf die ersten Erkenntnisse von OSZE-Wahlbeobachtern, die Unregelmäßigkeiten sowohl im Wahlkampf als auch am Abstimmungstag gesehen hätten. Es müsse nun der endgültige Bericht der OSZE-Kommission abgewartet werden.

Ausnahmezustand "zum Schutz der Demokratie"

Nach dem vorläufigen Endergebnis der Wahlkommission stimmten 51,4 Prozent für die demokratiepolitisch umstrittene Verfassungsreform und die damit verbundene Einführung eines Präsidialsystems. Die Wahlbeteiligung betrug nach Regierungsangaben mehr als 85 Prozent.

Präsident Erdogan stellte noch am Montag seine Macht unter Beweis: Die Regierung in Ankara beschloss am Abend eine erneute Verlängerung des Ausnahmezustands. Vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments soll der Ausnahmezustand nun mindestens drei weitere Monate in Kraft bleiben, sagte Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus.

Am Montagabend waren in Ankara jeweils unter Erdogans Vorsitz zunächst der Nationale Sicherheitsrat und dann das Kabinett zusammengekommen. Der Nationale Sicherheitsrat teilte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu mit, die Maßnahme diene "dem Schutz unserer Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit sowie der Rechte und Freiheiten unserer Bürger". Formell muss nun noch das Parlament der Verlängerung zustimmen, das an diesem Dienstag erstmals seit dem Referendum zusammenkommt. Eine Zustimmung gilt als sicher, da Erdogans islamisch-konservative Partei AKP über eine absolute Mehrheit verfügt. Ohne Verlängerung wäre der Ausnahmezustand in der Nacht auf Mittwoch ausgelaufen.

Ausnahmezustand: Einschränkungen im Wahlkampf

Kritik kam aus der Opposition. Der Abgeordnete Baris Yarkadas von der größten Oppositionspartei CHP warf der Regierung vor: "Sie können dieses Land nicht ohne Ausnahmezustand regieren. Sie sind eine Regierung geworden, die abhängig ist vom Ausnahmezustand." Unter dem Ausnahmezustand kann Erdogan weitgehend per Dekret regieren.

Vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments gilt der Ausnahmezustand mindestens bis zum 19. Juli; dann wird er rund ein Jahr in Kraft gewesen sein. Erdogan hatte ihn nach dem Putschversuch im Juli vergangenen Jahres ausgerufen. Er wurde seitdem zwei Mal verlängert. Der Ausnahmezustand kann theoretisch beliebig oft verlängert werden, allerdings jeweils nur für maximal vier Monate.

Die Opposition hatte Einschränkungen ihres Wahlkampfs vor dem Referendum wegen des Ausnahmezustands beklagt, der unter anderem die Versammlungsfreiheit einschränkt. Auch die internationalen Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und des Europarates hatten kritisiert, unter dem Ausnahmezustand seien Grundfreiheiten eingeschränkt gewesen, "die für einen demokratischen Prozess wesentlich sind". Erdogan hatte Kritik der Wahlbeobachter am Referendum zurückgewiesen.

Seit seiner Verhängung wurden in der Türkei mehr als 47.000 Menschen wegen des Verdachts auf Verbindungen zu den Putschisten festgenommen. Zehntausende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes wurden suspendiert oder entlassen, darunter Lehrer, Richter und Polizisten. Auch zahlreiche Journalisten und Akademiker wurden festgenommen.

(APA/dpa)

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