Trump: "Anschlag in Paris wird großen Einfluss auf Wahl haben"

Ein Schussloch in einer Auslage nach der Schießerei vom Donnerstagabend auf der Pariser Prachtmeile.
Ein Schussloch in einer Auslage nach der Schießerei vom Donnerstagabend auf der Pariser Prachtmeile.APA/AFP/PHILIPPE LOPEZ
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Der IS reklamiert das Schussattentat auf Polizisten auf den Champs-Élysées für sich. Viele fragen sich nun: Kann FN-Chefin Le Pen von der Terrorgefahr profitieren? Im Weißen Haus geht man jedenfalls wohl davon aus.

Viele hatten es befürchtet, nun ist es passiert: Kurz vor der Präsidentenwahl stirbt ein Polizist auf den weltbekannten Pariser Champs-Elysees bei einem Mordanschlag. Zwei weitere Beamte und eine deutsche Touristin werden verletzt. Während die Kandidaten im TV-Sender France 2 Rede und Antwort zu ihren Programmen stehen, schlägt der Angreifer kaltblütig auf der Prachtstraße zu und wird dann erschossen.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamiert sehr schnell die Tat für sich. Ein deutlicheres Zeichen gibt es nicht: Der Terror ist in Frankreich nicht besiegt, weitere Attacken sind nicht auszuschließen.

Als der Angreifer am Donnerstagabend auf der Pariser Prachtstraße Avenue des Champs-Élysées gegen 21.00 Uhr mit einer Automatikwaffe das Feuer auf ein Polizeiauto eröffnet, bricht unter den vielen Passanten Panik aus. Die Ermittler gehen derzeit davon aus, dass der Angreifer allein handelte. Bei ihm handelt es sich nach Angaben aus Ermittlerkreisen um einen 39 Jahre alten Franzosen.

Er war 2005 wegen mehrfachen versuchten Mordes - unter anderem an einem Polizisten - zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Haftstrafe saß er nicht vollständig ab. Vor zwei Monaten, am 23. Februar, wurde er dann wegen des Verdachts festgenommen, Polizisten töten zu wollen. Er wurde aber mangels Beweisen bald wieder freigelassen. Die Staatsanwaltschaft bestätigte diese Angaben aus ermittlungstaktischen Gründen allerdings noch nicht.

Nervosität vor Präsidentschaftswahlen

Der Sprecher des Innenministeriums, Pierre-Henry Brandet, wollte zunächst keine Angaben zum Hintergrund der Tat machen, erklärte aber, die Polizisten seien gezielt angegriffen worden. Die Anti-Terror-Sektion der Staatsanwaltschaft soll bereits Ermittlungen aufgenommen haben, schrieb "Le Monde". Der Wagen des Angreifers sowie auch dessen Wohnung sei von der Polizei untersucht worden.

Der symbolträchtige Angriff in der Nacht auf Freitag belastet das Finale eines ohnehin chaotischen Wahlkampfs. Mehrere Kandidaten, unter ihnen der Sozialliberale Emmanuel Macron und die Rechtspopulistin Marine Le Pen, sagen Wahlauftritte ab. "Die Terroristen wollen die Wahlen durcheinanderbringen", erklärt Macron. Der 39-jährige Ex-Minister gilt als einer der Favoriten für den Einzug in die Stichwahl am 7. Mai.

Macrons konservativer Kontrahent Francois Fillon ergänzt, es gebe keinen Grund, den Wahlkampf fortzusetzen, "weil wir Solidarität zeigen müssen". Er fügt hinzu: "Wir sind in einem Krieg, der lange dauern wird."

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"Kriegsherrin" Le Pen

Nach einem vereiteltem Terroranschlag zweier mutmaßlicher Dschihadisten Anfang der Woche war der Schutz von Kandidaten bereits verstärkt worden. Die beispiellose Terrorwelle im Land forderte seit 2015 bereits über 230 Tote.

Die jüngste Attacke auf die Ordnungshüter verstärkt das Gefühl der Unsicherheit und der Bedrohung. Le Pen präsentiert sich in der angespannten Lage als "Kriegsherrin", wie ein Kommentator des Nachrichtensenders BFMTV sagt.

"Der Krieg, der gegen uns geführt wird, ist ohne Gnade und ohne Atempause", erklärte die 48 Jahre alte Chefin der rechtsextremen Partei Front National. Le Pen setzt auch im Antiterrorkampf auf Abschottung. Sie will ausländische Straftäter sofort ausweisen; dabei bezieht sie Menschen ein, die von den Behörden als Gefährder eingestuft werden.

Kann Le Pen von der akuten Terrorgefahr profitieren? Sie hat zumindest die Themen Sicherheit und Terrorgefahr frühzeitig besetzt. Ihre Umfragewerte waren zuletzt gesunken. Laut einer neuen Befragung des Instituts Elabe kommt die erklärte Europafeindin auf 21,5 Prozent der Stimmen, Macron erreicht 24 Prozent. Allerdings wurden die Interviews vor dem Angriff in Paris geführt.

EU blickt mit Bangen auf "Grand Nation"

Auch wenn Macron vorne liegt, gibt es keinen klaren Favoriten. Le Pen, Fillon und dem Linkspolitiker Jean-Luc Melenchon wird ebenfalls zugetraut, sich für das Duell Anfang Mai durchzusetzen. Politische Beobachter bezeichnen diese unübersichtliche Lage als beispiellos für die Fünfte Republik, die es seit 1958 gibt. Die einst so stolze "Grande Nation", die Atommacht Frankreich präsentiert sich vor dem Hintergrund von Massenarbeitsarbeitslosigkeit und schwächelnder Wirtschaft als nervös, zerrissen und bisweilen ohne klaren Kurs.

Europa blickt deshalb mit Bangen auf das große Land. Falls sich Frankreich für Le Pen oder Melenchon entscheiden würde, wäre mit schweren Turbulenzen bis zu einem denkbaren Auseinanderbrechen der EU zu rechnen. US-Präsident Donald Trump jedenfalls geht von einer enormen Folgewirkung des Terrorakts so wenige Tage vor der Wahl aus: Er werde "große Auswirkungen" auf die Wahl haben, twitterte er am Freitag. Denn: "Das französische Volk wird das nicht viel länger hinnehmen."

(APA/Reuters)

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