Porträt. Marine Le Pen verstieß ihren Vater Jean-Marie Le Pen als Galionsfigur des Front National und machte die Partei salonfähig.
Als jüngste von drei Töchtern galt Marine Le Pen als Liebkind ihres Vaters Jean-Marie Le Pen, des Gründers des rechtsextremen Front National (FN) – und als diejenige, die ihm am ähnlichsten ist. Den Anschlag auf die Familienvilla im Pariser Vorort Saint-Cloud erlebte sie als Zäsur ihrer Kindheit und als Härtetest für eine Polit-Karriere. Nach dem Willen ihre Vaters sollte die Parteiführung in der Hand des Clans bleiben, und so hatte er Marine zu seiner Erbin auserkoren. 2011 trat sie seine Nachfolge als Parteichefin an, um sich nach und nach aber vom Übervater zu distanzieren – und ihn schließlich wegen parteischädigenden Verhaltens sogar aus der Partei zu werfen.
Marine Le Pen vollzog eine Abkehr von den antisemitischen, rassistischen und homophoben Untertönen, wechselte die alte Garde aus und beförderte den Homosexuellen Florian Philippot zum Vizechef. Die 48-jährige Anwältin, zweifach geschieden und mit Ko-Vizechef Louis Aliot liiert, setzte sich zum Ziel, die Partei zu entdämonisieren und salonfähig zu machen. Der Wahlkampf war ganz auf sie zugeschnitten: Sie firmierte nur mit ihrem Vornamen, ihren marineblauen Hosenanzügen und ohne das Parteilogo.
Als sie im Wahlkampf in den Umfragen zuletzt stagnierte, schlug Marine Le Pen freilich wieder rauere Töne an – nicht nur gegen Europa, sondern auch gegen Immigranten. Neben dem „Frexit“, dem Ausstieg aus der EU, plädiert sie für strikte Grenzkontrollen, eine Zuwanderung von jährlich 10.000 Menschen, eine rigorose Abschiebung bei Straffälligkeit sowie die Schließung von radikalen Moscheen.
Die Europaabgeordnete Le Pen vernetzte den Front National mit rechtspopulistischen Parteien in Europa wie der FPÖ, der AfD oder der Freiheitspartei von Geert Wilders. Jüngst suchte sie sowohl Kontakt zu Wladimir Putin wie zu Donald Trump.
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