Tschechien: Premier Sobotka rudert vom Rücktritt zurück

Ein heftiger Streit hatte die Rücktrittsankündigung Sobotkas ausgelöst.
Ein heftiger Streit hatte die Rücktrittsankündigung Sobotkas ausgelöst.APA/AFP/MICHAL CIZEK
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Bohuslav Sobotka rudert von seinem angekündigten Rücktritt zurück. Er will nun seinen Gegenspieler, Finanzminister Babis, absetzen.

Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka nimmt Abstand von seinem Rücktritt, den er am Dienstag angekündigt hatte. Das erklärte er am Freitag in Prag. Stattdessen will er Finanzminister Andrej Babis, der sich zu seinem größten politischen Rivalen entwickelt hat, absetzen. So will der Sozialdemokrat Sobotka Ruhe in seine Mitte-Links-Koalition bringen.

Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka tritt nun doch nicht zurück. "Ich werde meine Demission nicht einreichen", erklärte er am Freitag in Prag. Stattdessen will er Finanzminister Andrej Babis, der sich zu seinem größten politischen Rivalen entwickelt hat, absetzen. So will der Sozialdemokrat Sobotka Ruhe in seine Mitte-Links-Koalition bringen.

Sobotka hatte am Dienstag angekündigt, er wolle gemeinsam mit dem gesamten Kabinett zurücktreten. Er hat seine Meinung offenbar geändert, nachdem Staatspräsident Milos Zeman angedeutet hatte, dass er eine Demission als Rücktritt Sobotkas, nicht aber der gesamten Regierungsmannschaft verstehen würde. Die tschechische Verfassung ist in dem Punkt nicht klar. Hätte Zeman jedenfalls nur die Demission Sobotkas angenommen, wären die Minister im Amt geblieben und Babis sogar zum Ministerpräsidenten aufgestiegen.

"In einer solchen Situation würde mein Rücktritt keinerlei Sinn ergeben", sagte Sobotka nun, der seine Entscheidung nach Informationen aus Parteikreisen "einsam" getroffen hatte. Sobotka will Zeman nun die Entlassung von Babis vorschlagen. Er hoffe, dass Zeman Babis "ohne überflüssige Verzögerung" abberuft.

Babis ist laut "Forbes" zweitreichster Tscheche

Ausgelöst hatte die Rücktrittsankündigung ein heftiger Streit zwischen den beiden größten Koalitionspartnern, den Sozialdemokraten (CSSD) von Sobotka und der populistischen ANO von Babis. Sobotka wirft Babis seit längerem vor, dass dessen Holding Agrofert unter dem Verdacht der Steuerhinterziehung stehe. In der Affäre geht es um steuerfreie Schuldscheine, die der Milliardär und Unternehmer Ende 2012 seinem Unternehmen abgekauft hatte. Dies geschah kurz vor einer Gesetzesänderung, die das "Steuer-Schlupfloch" schließen sollte. Babis selbst verteidigte die Aktion als legale Steueroptimierung.

Als Unternehmer gehörte dem Milliardär Babis ein Firmenimperium, das mehr als 250 Unternehmen umfasste - neben Großbäckereien und Chemiekonzernen auch die großen Zeitungen "Lidove noviny" und "MF Dnes" sowie der Radiosender "Impuls". Vor einiger Zeit gab er die Holding in einen Trust, dem seine Frau und Vertraute vorsitzen. Am 20. und 21. Oktober sollen in Tschechien reguläre Wahlen zum Abgeordnetenhaus stattfinden. In Umfragen liegt die ANO weit vor den Sozialdemokraten. Trotz der Steueraffäre ist Babis seit Monaten der beliebteste Politiker des Landes.

Der Sprecher von Präsident Zeman, der als Babis-Verbündeter gilt, reagierte bissig: "Sobotkas Ansichten ändern sich fast stündlich - wir sollten also lieber abwarten, ob er es sich nicht noch einmal anders überlegt", schrieb Jiri Ovcacek auf Twitter. In seiner Verzweiflung ziehe der Ministerpräsident "die ganze Republik in den Dreck".

Babis sagte der Agentur CTK über Sobotka: "Seine Argumente sind lächerlich." Der laut Rangliste der Zeitschrift "Forbes" zweitreichste Tscheche sprach von einer "skandalösen Verschwörung" und einem Versuch, ihn politisch zu "liquidieren".

(APA)

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