Comey-Rausschmiss zum Wohle der "Integrität des FBI"

US-Präsident Donald Trump und FBI-Direktor James Comey kurz nach Trumps Amtsantritt im Jänner 2017.
US-Präsident Donald Trump und FBI-Direktor James Comey kurz nach Trumps Amtsantritt im Jänner 2017.imago/UPI Photo
  • Drucken

Während die Demokraten befürchten, dass mit der Entlassung von FBI-Chef Comey Ermittlungen über die Russland-Connection behindert werden sollen, spricht das Trump-Team von Führungsschwäche.

Das war ein mittleres politisches Erdbeben in Washington. US-Präsident Donald Trump hat den Chef der Bundespolizei FBI James Comey mit sofortiger Wirkung entlassen. Das teilte das Weiße Haus am Dienstagabend (Ortszeit) mit. Die völlig überraschende Entscheidung stieß auf heftige Kritik der oppositionellen Demokraten, aber auch republikanischer Politiker.

Comeys Behörde ermittelt wegen möglicher Russlandkontakte des Trump-Teams. Er galt schon deswegen eigentlich als unantastbar. Präsident Trump habe auf klare Empfehlungen des Justizministers Jeff Sessions und des stellvertretenden Generalbundesanwalts Rod Rosenstein gehandelt, hieß es in der Mitteilung des Weißen Hauses. Begründet wurde die Entlassung vor allem mit Comeys Verhalten in der E-Mail-Affäre Hillary Clintons. Von dieser hatte der Wahlkämpfer Trump 2016 allerdings sehr profitiert.

Trump und der "weinerliche" Schumer

Der demokratische Oppositionsführer im Senat, Chuck Schumer, warf Trump vor, einen "schrecklichen Fehler" begangen zu haben. In einem Tweet in der Nacht auf Mittwoch wies Trump dies zurück: Der "weinerliche" Schumer habe kürzlich erst gesagt, er habe das Vertrauen in Comey verloren. "Dann tut er so entrüstet", schrieb der US-Präsident und erinnerte an sein Wahlversprechen, den Sumpf in Washington auszutrocknen.

Trump schrieb in einem Brief an das FBI, der US-Medien vorliegt, Comey habe ihm drei Mal persönlich gesagt, dass nicht gegen ihn selbst ermittelt werde. "Gleichwohl stimme ich völlig mit dem Justizministerium überein, dass Sie nicht in der Lage sind, das FBI effektiv zu führen", schreibt Trump. Er fügte hinzu, es sei nun sehr wichtig, dass das Vertrauen in das FBI wiederhergestellt werde.

Das Entlassungsschreiben im Wortlaut

"Lieber Direktor Comey,

ich habe vom Generalbundesanwalt und seinem Stellvertreter die angehängten Briefe erhalten, die Ihre Entlassung als Direktor des Federal Bureau of Investigation empfehlen. Ich habe diese Empfehlung akzeptiert, Sie sind hiermit entlassen und werden mit sofortiger Wirkung aus dem Amt entfernt.

Ich weiß es zwar sehr zu schätzen, dass Sie mich in drei verschiedenen Situationen darüber informiert haben, dass nicht gegen mich ermittelt werde; dennoch stimme ich mit dem Justizministerium darin überein, dass Sie nicht in der Lage sind, das FBI effektiv zu führen.

Es ist essenziell, eine neue Führung für das FBI zu finden, die das Vertrauen der Öffentlichkeit und das Zutrauen in die Kernaufgaben seiner Aufgaben in der Strafverfolgung wieder herstellt.

Ich wünsche Ihnen für künftige Unternehmungen bestes Gelingen.

Donald J. Trump"

Kritik auch von republikanischer Seite

Der republikanische Senator Lindsay Graham sagte, aufgrund der Kontroversen um den FBI-Chef glaube er, dass ein Neuanfang dem FBI und dem Land gut tun würde, wie die "Washington Post" berichtete. Der Republikaner John McCain hingegen kritisierte Trumps Entscheidung. Auch wenn der Präsident das Recht zur Entlassung des FBI-Chefs habe, sei er von Trumps Schritt "enttäuscht", zitierte ihn der Sender CNN.

US-Medien und die Demokraten vermuteten, dass die Russlandermittlungen des FBI der wahre Grund für die Entlassung sind. Diese Untersuchungen gegen Trumps Team sind seit Monaten ein schwerer Schatten über der Präsidentschaft des Republikaners.

Demokratische Abgeordnete forderten am Dienstag erneut die Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers. Der Vorgang "riecht nach Vertuschung" der Russland-Affäre der Regierung, schrieb der ehemalige Sprecher von Clintons Wahlkampfteam, Brian Fallon, im Kurzbotschaftendienst Twitter.

"Verstörende Entscheidung"

Trump habe wiederholt versucht, die Russlandermittlungen abzuwürgen, erklärte der frühere Präsidentschaftsbewerber Bernie Sanders. Trumps Entscheidung nur wenige Tage vor der geplanten Aussage Comeys vor dem Geheimdienstausschuss des Senates sei "sehr verstörend". Es sei klar, dass der von Trump handverlesene künftige FBI-Chef diese Ermittlung nicht objektiv führen können werde.

Trumps Beraterin Kellyanne Conway wies die Vorwürfe zurück. "Es ist keine Vertuschung", sagte Conway dem Sender CNN. Es habe "null" mit den Ermittlungen zu tun, sondern gehe darum, die Integrität des FBI wiederherzustellen.

In dieser Affäre geht es darum, ob sich das Trump-Team während des Wahlkampfs möglicherweise mit Moskau über die mutmaßlichen russischen Hackerangriffe auf das Umfeld Clintons abgesprochen hatte.

In Kommentaren wurden Vergleiche mit dem Watergate-Skandal laut, der 1974 zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon geführt hatte. In der damaligen Affäre um das illegale Abhören der Demokratischen Partei hatte der Republikaner Nixon ebenfalls den Chefermittler gefeuert.

Comeys Rolle im US-Wahlkampf

Der Republikaner Comey war vor vier Jahren vom damaligen Präsidenten Barack Obama an die Spitze der Bundespolizei berufen worden. Die reguläre Amtszeit der FBI-Direktoren läuft zehn Jahre. Rund um die US-Wahl 2016 hatte Comey eine herausragende Rolle gespielt. Erst vor wenigen Tagen verteidigte er seine umstrittene Entscheidung, kurz vor der Wahl im November 2016 neue Entwicklungen in der E-Mail-Affäre um Hillary Clinton öffentlich gemacht zu haben. Er sagte: "Es war eine harte Entscheidung, aber ich glaube im Rückblick, dass es die richtige Entscheidung war."

Am 27. Oktober hatte er in einem Brief an Senatoren überraschend erklärt, er wolle die Ermittlungen in Clintons E-Mail-Affäre wieder aufnehmen, weil weitere Nachrichten aufgetaucht seien. Mehrere Tage später teilte Comey zwar mit, auch mit den neu entdeckten E-Mails gebe es keinen Anlass für ein Strafverfahren gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin. Die Entwicklungen schadeten Clinton im Wahlkampf gegen Donald Trump jedoch sehr.

(APA/dpa/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.