Iran: Der Moderate setzt sich deutlich durch

Hassan Rohanis Anhänger können jubeln, ihr Kandidat setzte sich bei den iranischen Präsidentschaftswahlen durch.
Hassan Rohanis Anhänger können jubeln, ihr Kandidat setzte sich bei den iranischen Präsidentschaftswahlen durch.(c) imago/UPI Photo (MARYAM RAHMANIAN)
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Ein Votum für eine weitere sachte Öffnung des Landes: Amtsinhaber Hassan Rohani setzt sich schon im ersten Wahlgang gegen seinen erzkonservativen Herausforderer Ebrahim Raissi durch.

Im Iran hat der moderate Amtsinhaber Hassan Rohani mit großer Mehrheit die Präsidentenwahl gewonnen. Der 68-Jährige kam bei der Abstimmung am Freitag nach Auszählung praktisch aller Stimmen auf 57 Prozent, sein konservativer Herausforderer Ebrahim Raissi nur auf 38 Prozent der Stimmen, wie Innenminister Abdolreza Rahmani Fazli am Samstag im Staatsfernsehen mitteilte.

Rohani erhielt demnach 23,5 Millionen Stimmen, Raisi nur 15,8 Millionen. Die restlichen 5 Prozent gingen demnach an die beiden anderen Kandidaten. Das staatliche Fernsehen gratulierte Rouhani zur Wiederwahl.

Vor vier Jahren hatten 50,7 Prozent der Wähler für Rohani votiert. Auch wenn der Präsident über eine begrenzte Macht verfügt und das Sagen letztlich das geistliche und politische Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei hat, ist Rohanis Wahl von großer Bedeutung. Das Volk ruft nach mehr Freiheiten und wirtschaftlicher Öffnung. Der konservativen Geistlichkeit und den mächtigen Revolutionsgarden, die auch weite Bereiche der Wirtschaft des ölreichen Landes kontrollieren, erteilte die Bevölkerung eine Abfuhr.

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Die Wahllokale waren erst in der Nacht geschlossen worden. Wegen des großen Andrangs hatte das Innenministerium die Abstimmung um mehrere Stunden verlängert. Die Iraner hatten in großer Zahl an der Abstimmung teilgenommen, so dass die Öffnungszeit der Wahllokale mehrfach verlängert wurde. Geschätzte 40 der 56,4 Millionen Wahlberechtigten gaben bei der zuletzt stark umkämpften Wahl ab. Rohani bewarb sich dabei um eine zweite Amtszeit, um seinen Kurs der Öffnung fortsetzen zu können, der im Juli 2015 in das internationale Wiener Atomabkommen gemündet war.

Mogherini gratuliert Rouhani

Der Präsident ist zwar Regierungschef und prägt das Image des Landes, das in den vergangenen Jahren zu einer immer wichtigeren Regionalmacht aufgestiegen ist. Die Leitlinien der Politik gibt in dem schiitischen Staat aber der sogenannte Oberste Rechtsgelehrte vor, und das ist seit dem Tod von Ayatollah Ruhollah Khomeini, der die Islamische Revolution 1979 anführte, der 77-jährige erzkonservative Ayatollah Khamenei. Er hat in allen Belangen ein Vetorecht. Er hat die Kontrolle über Streitkräfte und Justiz. So war es Rohani in seiner ersten vierjährigen Amtszeit nicht möglich, den Hausarrest für Reformpolitiker aufzuheben, und die Medien dürfen auch weiterhin weder Worte noch Bilder des früheren reformorientierten Präsidenten Mohammad Khatami veröffentlichen.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat Rouhani zu seiner Wiederwahl gratuliert und die weitere Umsetzung des Atomabkommens von 2015 in Aussicht gestellt. Im Kurzbotschaftendienst Twitter schrieb die Italienerin am Samstag, die Europäische Union wolle sich auch weiterhin für den Frieden in der Region einsetzen und "den Erwartungen aller Menschen im Iran gerecht werden".

"Schwere Niederlage" für "religiösen Faschismus"

Die Präsidentin des exiloppositionellen Nationalen Widerstandsrates Iran (NWRI), Maryam Rajavi, sieht im Ausgang der Präsidentschaftswahlen eine "schwere Niederlage" für den Obersten Geistlichen Führer Ali Khamenei. Es sei ihm nicht gelungen, den Urnengang in seinem Sinne zu manipulieren und den erzkonservativen Kandidaten Raissi an die Macht zu bringen.

Dies sei ein Anzeichen dafür, dass sich das Regime seinem Ende nähere, erklärte Rajavi in einer Aussendung am Samstag. Der "religiöse Faschismus" im Iran werde bis zu seinem Sturz fortbestehen. Der wiedergewählte Präsident Rohani sei weder willens noch in der Lage, die Grundlagen und das Verhalten des Regimes zu ändern. Der massive wirtschaftliche und soziale Verfall werde weitergehen, ebenso Unterdrückung und Niederschlagung oppositioneller Bewegungen, so Rajavi.

Das Regime sei aufgrund innerer Machtkämpfe geschwächt. In Rohanis zweiter Amtszeit werde die wachsende Krise fortbestehen und sich der Machtkampf intensivieren. Letzterer sei Ausdruck der Unfähigkeit des Regimes, die dringendsten sozialen Probleme zu lösen und der wachsenden Unzufriedenheit zu begegnen, meinte die NWRI-Chefin.

Ein Abstimmung für das Atomabkommen

Die Bürger setzten auf Rohanis Versprechen, das Land weltoffener und liberaler zu machen und die von Sanktionen geplagte Wirtschaft wieder anzukurbeln. In seiner Amtszeit schloss er mit den USA und anderen Weltmächten eine Vereinbarung zur Beschränkung des iranischen Atomprogramms. Im Gegenzug wurden die meisten Wirtschaftssanktionen aufgehoben.

Rohanis Herausforderer Raissi argumentierte im Wahlkampf, dass sich die Wirtschaftslage nicht wie erhofft deutlich verbessert habe und die kleinen Erfolge bei den armen Schichten nicht angekommen seien. Er warf Rohani Missmanagement vor und versprach in den Armenvierteln Jobs und Sozialhilfe. Das Atomabkommen hat nach seiner Darstellung nur den Gegnern Irans genutzt. Der 56-jährige Raissi ist ein enger Vertrauter des geistlichen und politischen Führers, Ayatollah Ali Khamenei. Auch wenn sich Khamenei aus dem Wahlkampf weitgehend herausgehalten hat, galt es als sicher, dass er lieber Raissi auf dem Präsidentenstuhl sehen würde.

(APA/dpa)

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