Der US-Präsident ist in Sizilien erstmals zu Gast beim Treffen der Industrienationen. Die Wahlkampfrhetorik und die „America First“-Politik im Praxistest mit den westlichen Alliierten.
Die Kulisse sollte pittoresk sein, das Rahmenprogramm romantisch. Doch der Panoramablick vom antiken Theater in Taormina war am Freitag getrübt: Der Gipfel des Ätna verbarg sich hinter dunklen Wolken. Dabei hatten die italienischen Regisseure des G7-Gipfels auf Sizilien alles getan, dass in dem malerischen Städtchen am Fuße des Vulkankegels eine Wohlfühlatmosphäre aufkommt. Nach der Standpauke Donald Trumps gegen die Nato-Partner am Donnerstagabend in Brüssel und einem Seitenhieb gegen die deutsche Handelspolitik stand der Auftakt des jährlichen Treffens indes unter einem schlechten Stern. EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach vom schwierigsten G7-Gipfel seit Jahren. Das Thema „Russland“ – bis zur Annexion der Krim Mitglied im erlauchten Kreis – wird indessen wohl nur am Rande eine Rolle spielen.
Vier der sieben Staats- und Regierungschefs waren neu in der Runde, und der größte und mächtigste zog die Aufmerksamkeit auf sich. Laut „Wall Street Journal“ entschuldigte sich ein republikanischer Sicherheitsexperte gegenüber einem europäischen Militärattaché in Washington für den Auftritt des US-Präsidenten im Nato-Hauptquartier: „Tut mir leid. Er ist ein Idiot.“ Nicht nur hatte Trump die Alliierten wegen ihrer – nicht existenten – Schulden gegenüber den USA gemahnt. Er stellte auch neuerlich sein Unwissen über die EU unter Beweis – dass es Handelsabkommen nämlich nicht mit den Einzelstaaten gibt, sondern nur mit der EU. In Taormina versuchten aber die Teilnehmer, die Differenzen mit Trump zu applanieren.
Handel
Bei den Vorbereitungstreffen der Finanzminister haben sich die USA stets geweigert, ein Bekenntnis zum Freihandel zu unterschreiben. In den Abschlusserklärungen blieb dies auch ausgeklammert. Währenddessen schwang sich China zum Verfechter eines freien Warenverkehrs auf. Das transpazifische Freihandelsabkommen (TPP) mit Asien kündigte die Regierung Trump bereits auf, das transatlantische (TTIP) verstaubt vorläufig in den Schubladen. Mit Strafzöllen– etwa gegenüber China oder Mexiko – drohte der US-Präsident bis dato nur rhetorisch.
Umwelt
Vor der Küste Siziliens demonstrieren Greenpeace-Aktivisten – mit einer in einer Schutzweste gehüllten Freiheitsstatue – für eine Klimaschutzpolitik. Vor allem Angela Merkel, Emmanuel Macron und Justin Trudeau wollen den US-Präsidenten vom Pariser Klimaschutzabkommen überzeugen, das Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn als wachstumsschädlich kritisiert hat. Trump selbst war im Wahlkampf für einen Austritt der USA aus dem Pariser Klimapakt eingetreten und bezeichnete den Klimawandel als „Schwindel“. Nun kündigte er eine Entscheidung nach seiner Rückkehr nach Washington an.
Migration
An der Südküste Siziliens, nur ein paar Dutzend Kilometer von Taormina entfernt, gingen heuer bereits mehr als 50.000 Flüchtlinge an Land. G7-Gastgeber Italien wollte dem Thema darum einen Schwerpunkt widmen, scheiterte aber am Widerstand der USA.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.05.2017)