Abfuhr in Ankara - Deutsche ziehen aus Incirlik ab

AFP (TOBIAS SCHWARZ)
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Die Türkei gewährt deutschen Bundestagsabgeordneten weiterhin kein Besuchsrecht für den Luftwaffenstützpunkt Incirlik.

Deutschland wird seine Soldaten vom türkischen Stützpunkt Incirlik abziehen, nachdem Außenminister Sigmar Gabriel auch bei einem letzten Verhandlungsversuch in Ankara kein generelles Besuchsrecht für Bundestagsabgeordnete durchsetzen konnte. "Mein türkischer Kollege hat mir erklärt, dass in der aktuellen Situation für die Türkei nicht die Möglichkeit besteht, jetzt Besuche jedes deutschen Parlamentariers in Incirlik zu ermöglichen - und zwar aus innenpolitischen Gründen", sagte Gabriel am Montag nach einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu. Er bedauere dies. "Umgekehrt bitte ich um Verständnis, dass wir aus innenpolitischen Gründen dann die Soldaten aus Incirlik werden verlegen müssen."

Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee, betonte Gabriel. Der Bundestag entscheide über die Einsätze der Soldaten und lege daher auch Wert darauf, dass die Angehörigen der Armee zu jedem Zeitpunkt von deutschen Abgeordneten besucht werden könnten. "Die türkische Seite hat, glaube ich, verstanden, dass wir als Deutsche kein Interesse daran haben, dieses Thema ständig wieder zu einem Streitpunkt zwischen unseren beiden Ländern werden zu lassen", erklärte der Außenminister.

Die Türkei hatte bereits im vergangenen Jahr Abgeordneten zeitweise den Besuch der Soldaten in Incirlik verweigert und sie erst nach längeren Verhandlungen auf den Stützpunkt gelassen. Ziel der Bundesregierung war es daher, dieses Mal eine wasserdichte Lösung für die Parlamentarier-Besuche zu finden. Genau dieses generelle Besuchsrecht für alle Abgeordnete wollte die Türkei Gabriel aber offenbar nicht zusagen. Die Regierung in Ankara wirft insbesondere Vertretern der Linkspartei eine Nähe zur verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK vor.

"Wir beide legen sehr viel Wert darauf, dass diese Entscheidung nichts zu tun hat mit den prinzipiellen Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland", sagte Gabriel, "dass wir nicht wollen, dass die Entscheidung, aus Incirlik die Soldaten zu verlegen, unsere Beziehungen weiter verschlechtert." Das Gegenteil sei der Fall. Beide Seiten glaubten, dass sie wieder an einer Verbesserung ihrer Beziehungen arbeiten könnten, sobald dieses Problem aus der Welt sei.

In Incirlik sind rund 250 deutsche Soldaten als Teil des internationalen Einsatzes gegen die Extremistenmiliz IS stationiert. Mit sechs Tornado-Jets fliegen sie von dort aus Aufklärungseinsätze über Syrien und dem Irak. Außerdem versorgt ein deutsches Tankflugzeug die Verbündeten in der Luft mit Treibstoff. Einige weitere deutsche Soldaten sind auf dem türkischen Stützpunkt Konya stationiert. Sie beteiligen sich am Nato-Einsatz mit AWACS-Aufklärungsflugzeugen in der Region. Zu diesen Soldaten gewährt die Türkei deutschen Angeordneten den Zugang. Der Anti-IS-Einsatz findet dagegen nicht unter dem Dach der Nato statt. Als wahrscheinlichster neuer Standort für die deutschen Soldaten gilt Jordanien.

(APA/dpa)

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