Syrien

Die „große Schlacht“ um Raqqa hat begonnen

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Die USA und ihre Verbündeten haben sich seit Monaten um die IS-„Hauptstadt“ in Stellung gebracht. Die Offensive soll die Terrormiliz entscheidend schwächen. Vermutlich viele zivile Opfer schon von Beginn an.

Damaskus. Den Beteiligten stehe ein „langer und schwieriger“ Kampf bevor – und am Ende soll die syrische Stadt Raqqa, de facto Hauptstadt des sogenannten Islamischen Staates (IS), von den Jihadisten befreit werden. Steve Townsend, Kommandant der von den USA geführten Operation, fügte hinzu: „Die Offensive würde der Idee des IS-Kalifates einen entscheidenden Schlag versetzen.“

Am Dienstag hat nun die lang erwartete Offensive auf Raqqa begonnen. Die USA unterstützen das kurdisch-arabische Bündnis „Demokratische Kräfte Syriens“, dessen Truppen sich mit US-Hilfe seit Monaten in der Region geballt und sich vor Tagen in die Positionen für die Schlussoffensive gebracht hatten. Der Sprecher des Bündnisses, Talal Silo, sagte am Montag, dass die „große Schlacht“ zur Vertreibung des IS begonnen habe. Anschließend drangen die kurdisch-arabischen Einheiten in Raqqas östliche Vororte ein, auch im Norden und Westen Raqqas gibt es Bewegung. US-Präsident Donald Trump hat vor wenigen Wochen eine zusätzliche Bewaffnung der kurdischen Einheiten für die Offensive gebilligt, was in der Türkei auf heftige Ablehnung stieß. Ankara sieht die syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten als Gefahr für die Türkei an, da sie mit der PKK verbunden sind.

Die Türkei ist Teil der internationalen Anti-IS-Koalition, was die Zusammenarbeit zwischen Ankara und Washington in der Syrienfrage allerdings erschwert. Insider berichten, dass der Sturm auf Raqqa viel früher hätte stattfinden können (die Planung läuft seit über einem Jahr), hätten sich die Türken wegen der Teilnahme und Bewaffnung der Kurden nicht quergelegt.

Türkei bleibt skeptisch

Am Dienstag sagte der türkische Premier Binali Yıldırım, dass er von Washington über die Pläne informiert worden sei. Erneut habe er die türkische Sicht dargelegt, allerdings habe man ihm versichert, dass die Waffen nie gegen die Türkei verwendet würden und die USA das streng überwachten. Andernfalls werde die Türkei Vergeltung üben, so Yıldırım.

Raqqas Befreiung wäre der strategische Sieg für die Anti-IS-Koalition, war die Stadt doch eine der ersten großen Eroberungen der Terrormiliz. Auch im Irak wird der IS weiter zurückgedrängt und steht in Mossul, seiner anderen „Hauptstadt“, vor dem Aus. Experten sind sich aber sicher, dass ein militärischer Sieg nicht das Ende des islamistischen Terrors bedeutet. Allerdings sagt Generalleutnant Townsend dazu: „Die Rekrutierung wird dem IS schwerfallen, wenn sie gerade ihre beiden Hauptstädte verloren haben.“

Beobachter melden, dass bei einem Luftangriff auf Raqqa 21 Menschen gestorben seien. Sie wollten mit Booten über den Euphrat fahren, als eine Bombe einschlug. Es seien Zivilisten gewesen; allerdings ist das in der Realität zunächst oft nicht sicher feststellbar, wenn sich IS-Kämpfer zivil kleiden oder als Zivilisten getarnt fliehen. Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass die Anzahl ziviler Opfer zuletzt steige. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2017)

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