Ex-FBI-Chef Comey belastet Trump schwer

Ex-FBI-Chef Comey
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Der entlassene FBI-Chef Comey bekräftigt vor seiner Anhörung, dass ihn der US-Präsident drängte, Ermittlungen in der Russland-Affäre versanden zu lassen. Kommt es zu einem Amtsenthebungsverfahren?

Washington. Schon vor der mündlichen Aussage des ehemaligen FBI-Chefs James Comey gerät Präsident Donald Trump wegen des Verdachts der versuchten Einmischung in laufende Ermittlungen der Bundespolizei unter verstärkten Druck. Wie Comey in einer schriftlichen Stellungnahme für den Senat in Washington bestätigte, forderte Trump das Ende von Ermittlungen gegen seinen Berater Michael Flynn. Zudem zeichnete Comey das Bild eines Präsidenten, der Loyalität für sich selbst – und nicht für die staatlichen Institutionen – einforderte. Die Frage eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump wird verstärkt diskutiert.

Comey ist an diesem Donnerstag für 10 Uhr Ortszeit (18 Uhr MESZ) vom Geheimdienstausschuss des Senats in Washington geladen. Die Anhörung des von Trump im Mai gefeuerten Polizeichefs wurde mit Spannung erwartet: Der Präsident steht im Verdacht, sich mit der versuchten Einflussnahme auf Comey einer Strafvereitelung im Amt schuldig gemacht zu haben. Einige Rechtsexperten sehen darin einen Anlass für ein Amtgsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten.

Noch sieht es nicht danach aus, als würden genügend Mitglieder von Trumps Republikanern im Kongress ein solches Verfahren unterstützen. Doch Comeys Auftritt vor dem Senat könnte das ändern, besonders wenn sich bei den amerikanischen Wählern der Eindruck durchsetzt, Trump habe sich etwas zu Schulden kommen lassen. Nach einer neuen Umfrage ist die Unterstützung für den Präsidenten in der Wählerschaft auf nur noch 34 Prozent gefallen.

Kein Loyalitätsbekenntnis

In seiner schriftlichen Stellungnahme für den Senat bestätigte Comey mehrere Presseberichte der vergangenen Wochen. So beschrieb er eine Szene aus dem Januar, in der Trump ihn bei einem Vieraugengespräch zu Loyalität ihm gegenüber aufforderte – was von Comey wegen der Unabhängigkeit des FBI von der Regierung als problematisch empfunden wurde. „In der anschließenden unangenehmen Stille bewegte ich mich nicht, sagte nichts und verzog keine Miene“, schrieb Comey: ein Loyalitätsbekenntnis vermied er.

Potenziell noch folgenreicher für Trump ist eine Unterhaltung vom 14. Februar, in der Trump den FBI-Chef bat, Ermittlungen gegen den ehemaligen Trump-Berater Michael Flynn einzustellen. Comey bestätigt die Bitte des Präsidenten, die nach Ansicht von Kritikern eine illegale Einmischung in ein laufendes Ermittlungsverfahren darstellte. Er habe keinerlei Absicht gehabt, Trumps Bitte zu erfüllen, schreibt Comey. Für Flynn, der mehrere verdächtige Kontakte zu russischen Regierungsstellen gehabt haben soll, dürfte sich unter anderem der inzwischen ernannte Sonderermittler Robert Mueller interessieren.

"Wolken" über der Regierung

Trump forderte Comey zudem auf, etwas gegen die Nachforschungen wegen mutmaßlicher Verbindungen zwischen dem Wahlkampfteam des Präsidenten und russischen Regierungsstellen zu tun, die wie eine „Wolke“ über der Regierungsarbeit schwebten. Das FBI, die Geheimdienste und der Kongress wollen wissen, ob es eine Verwicklung des Teams Trump in die russischen Versuche zur Einflussnahme auf den US-Präsidentschaftswahlkampf des vergangenen Jahres gab. Dass der Präsident den Polizeichef des Landes auffordert, diese „Wolke“ aufzuösen, ist aus Sicht von Trump-Gegnern ebenfalls ein Vergehen Trumps in dem Skandal.

Trump ließ über seinen Anwalt erklären, er fühle sich durch Comeys schriftliche Aussage bestätigt. Schließlich habe der ehemalige FBI-Chef unter anderem betont, dass es keine Ermittlungen gegen den Präsidenten selbst gebe. Trump hatte Comey im vergangenen Monat entlassen und anschließend gesagt, der Schritt habe ihm im Zusammenhang mit den Russland-Ermittlungen eine Entlastung gebracht.

"Tief durchatmen"

Mehrere US-Medien zitierten Rechtsexperten mit der Auffassung, Comeys schriftliche Äußerungen enthielten genügend Anhaltspunkte, um den Verdacht der Strafvereitelung durch Trump zu belegen. Im Kongress herrscht aber große Vorsicht, was ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten angeht. Viele Republikaner stehen weiter zu Trump, und die Parteiführung der oppositionellen Demokraten will sich nicht durch ein übereiltes Vorgehen in der Frage eine spätere Chance auf ein Verfahren verderben. „Tief durchatmen“, empfahl Nancy Pelosi, Fraktionschefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, im Sender ABC.

Eines stand schon vor Comeys Auftritt fest: Die Aussage des früheren FBI-Chefs wird die Debatte über den Russland-Skandal in den USA nicht beenden. Trump-treue rechtsgerichtete Medien sprachen schon am Mittwoch von einem Sieg des Präsidenten, weil Comey keinen eindeutigen Verdacht der Strafvereitelung gegen Trump erhebe. Dagegen sagte der demokratische Abgeordnete Adam Schiff, Comey bestätige „zahlreiche beunruhigende Behauptungen“ hinsichtlich des Verhaltens des Präsidenten.

ZUR PERSON

Christopher Wray. Einen Monat nach dem überraschenden Rauswurf von FBI-Chef James Comey hat US-Präsident Donald Trump seinen Kandidaten für die Nachfolge benannt. Neuer Direktor der Bundespolizei soll der Jurist Christopher Wray werden. Der Anwalt war früher hochrangiger Mitarbeiter des Justizministeriums. Der Präsident entschied sich für einen Kandidaten, der nicht aus der Politik kommt, sondern für einen Anwärter mit Erfahrung in der Strafverfolgung. Er gilt als akzeptable Wahl für den FBI.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2017)

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