Regierungsaus spaltet „Die Finnen“

Finnlands Premier Sipilä wollte das Regierungsbündnis nach dem Rechtsruck beim nationalistischen Koalitionspartner nicht mehr weiterführen.
Finnlands Premier Sipilä wollte das Regierungsbündnis nach dem Rechtsruck beim nationalistischen Koalitionspartner nicht mehr weiterführen.(c) REUTERS
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Der bürgerliche Premier Sipilä hat das Bündnis mit der Rechtspartei gekündigt. Deren neuer Chef Halla-aho ist selbst den meisten eigenen Abgeordneten zu rechtsextrem.

Helsinki/Stockholm. Der finnische Ministerpräsident Juha Sipilä machte seine Drohung wahr: Am Dienstag reichte er bei Präsident Sauli Niinistö den Rücktritt seiner Dreiparteienregierung ein, um eine neue Koalition bilden zu können. Der Schritt bedeutete den Rauswurf des rechtspopulistischen Bündnispartners „Die Finnen“ aus der Regierung. Sipilä begründete seine Entscheidung mit dem unvereinbaren „Menschenbild“ des neuen, für rassistische Aussprüche verurteilten Vorsitzenden der Nationalisten, Jussi Halla-aho.

Mit dem Bruch des Bündnisses stürzte Sipilä aber auch den bisherigen Regierungspartner in eine Krise: Die Mehrheit der „Finnen“-Fraktion erklärte daraufhin ihren Austritt aus der Partei und kündigte an, sich an einer neuen Koalitionsregierung beteiligen zu wollen. Die ausgetretenen Abgeordneten gründeten eine eigene Partei namens „Neue Alternative“. Ihr gehören 20 der 37 bisherigen Abgeordneten der Finnen-Partei an. Deren fünf Minister – unter ihnen Parteigründer Timo Soini – wollten ebenfalls wechseln.

Sipilä vom rechtsliberalen Zentrum war vor zwei Jahren zusammen mit den Konservativen erstmals eine Dreiparteienregierung mit den nationalistischen „Finnen“ eingegangen. Deren Vorsitzender, der bisherige Außenminister Soini, hatte 20 Jahre lang für die Regierungstauglichkeit seiner Partei gekämpft und sich zunehmend gemäßigt gezeigt. So hatte er sie zu einem beachtlichen Machtfaktor im Lande ausgebaut.

Dazu zählte auch die Änderung des Parteinamens von „Die wahren Finnen“ zum verträglicheren „Die Finnen“ 2012. Bei den Wahlen 2015 wurde die Partei mit Forderungen über einen Asylstopp und und einer unnachgiebigen Linie gegenüber dem verschuldeten Griechenland mit 18 Prozent die zweitstärkste Kraft.

Zu viele Kompromisse

Doch dann musste Soini als Außenminister einen Kompromiss nach dem anderen schlucken. So segnete er brav weitere EU-Kredite für Griechenland ab. Auch die Aufnahme von für finnische Verhältnisse ungewöhnlich vielen Asylwerbern duldete er. Inzwischen liegen „Die Finnen“ in Umfragen auf unter neun Prozent. Über die Hälfte der Wähler sind weg.

Die Parteibasis setzte deshalb am Samstag den Führungswechsel zugunsten des blassen Europaparlamentariers Jussi Halla-aho durch. Der 46-Jährige gehört in der Rechtsaußenpartei zum rechten Flügel.
Halla-aho steht den bürgerlichen Parteien viel zu weit rechts. „Wir mussten unsere Wertegrundlage bereits extrem strecken“, sagte Sipilä. In der Tat ist mit Halla-aho nun ein Rechtsextremer à la Jean-Marie Le Pen an der Parteispitze. 2012 wurde er wegen Hetze gegen Volksgruppen vom Höchstgericht verurteilt. In seinem Internet-Blog hatte er etwa die muslimischen Somalier als „genetisch bedingte Kriminelle und Wohlfahrtsempfänger“ und den Islam als „Pädophilen-Religion“ bezeichnet.

In der Märtyrerrolle

Von diesen Äußerungen hatte er sich auch am Wochenende bei seiner Ernennung ausdrücklich nicht distanziert, obwohl das nur ein „kleiner politischer Preis“ für den Verbleib in der Regierung gewesen wäre, wie der Politikwissenschafter Markku Jokisipilä sagte. Finnlands Kommentatoren glauben, dass Halla-aho den Rauswurf wollte. Er versuche eine „Märtyrerrolle“ einzunehmen, um abtrünnige Wähler zurückzugewinnen.

Dabei folgte die Rechtspartei einem nordischen Trend. Auch in Norwegen sind die Nationalisten erstmals als Juniorpartner in der Regierung – und verlieren massiv Wähler. In Dänemark hat sich die rechte Volkspartei deshalb gegen eine direkte Regierungsbeteiligung zugunsten einer indirekten Duldung der bürgerlichen Minderheitsregierung entschieden. Damit steht sie besser da als die Schwesterparteien in den beiden anderen nordischen Ländern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.06.2017)

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