Obama: "Massiver Wohlstandstransfer zu reichsten Amerikanern"

REUTERS/Dario Ayala
  • Drucken

Der Ex-US-Präsident versucht die geplante Rückabwicklung von Obamacare zu stoppen. Auf Facebook warnt er den Senat vor den Folgen für arme US-Bürger.

Die US-Republikaner starten einen neuen Versuch zur Abwicklung der Gesundheitsreform Obamacare. Nach wochenlangen Arbeiten im Geheimen legte der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, am Donnerstag einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor. Er sieht vor, eine Reichensteuer zur Finanzierung der Reform rückwirkend zum Jahresanfang zu streichen. Zudem sind Einschränkungen am Gesundheitsprogramm für Arme (Medicaid) und Änderungen bei staatlichen Zuschüssen geplant, mit denen Bürger eine Krankenversicherung abschließen können.

Doch Donald Trumps Amtsvorgänger Barack Obama kämpft weiter um eines der wichtigsten Projekte seiner Amtszeit. In einem flammenden Appell auf Facebook forderte er den US-Senat zu einem Kompromiss über die Parteilinien hinweg auf. "Ich hoffe, dass unsere Senatoren einen Schritt zurücktreten und abwägen, was hier wirklich auf dem Spiel steht", schreibt der Ex-Präsident. "Die Gründe, im Bereich der Gesundheitsversorgung zu handeln, müssen mehr sein, als einfach etwas rückgängig zu machen, das die Demokraten getan haben."

Der Affordable Care Act sei ein signifikanter Schritt vorwärts für Amerika gewesen, da er Leben rette. Dennoch gesteht Obama ein, dass seine Gesundheitsreform nicht perfekt sei und nicht das Ende der Bemühungen sein dürfe. Wenn die Republikaner einen besseren Plan aufstellten, der gleich viele Menschen zu geringeren Kosten abdecke, dann würde er ihn gerne öffentlich unterstützen.

23 Mio. Menschen könnten Versicherung verlieren

Die derzeitige Vorlage der Republikaner jedoch würde das genaue Gegenteil bewirken: "Der vorgestellte Gesetzesentwurf ist ein massiver Wohlstandstransfer von der Mittelklasse und armen Familien zu den reichsten Menschen in Amerika", kritisiert Obama. Er füge Amerikanern Leid zu, während Milliardäre und Unternehmen Steuererleichterungen erhielten.

Doch nicht nur die Demokraten sind gegen den geplanten Umbau von Obamacare - ein zentrales Wahlversprechen von Donald Trump. Selbst in den Reihen der Republikaner ist eine Mehrheit unsicher. Am Donnerstag erklärten vier republikanische Senatoren umgehend, dass sie das neue Gesetz nicht mittragen würden. Ob der jetzige Versuch gelingt, hängt stark von den einzelnen Senatoren ab. Ein erster Vorschlag scheiterte, noch bevor er zur Abstimmung vorgelegt wurde.

Die Republikaner lehnen Obamacare als einen zu starken Eingriff des Staats in den Gesundheitsmarkt ab und halten das Projekt für zu teuer. Die Demokraten befürchten dagegen durch eine Änderung starke Einschnitte besonders für Arme und chronisch Kranke. Wie aus Berechnungen des überparteilichen Haushaltsbüros des US-Kongresses hervorgeht, könnten in den kommenden zehn Jahren 23 Millionen Amerikaner durch die Rückabwicklung von Obamacare ihre Versicherung verlieren.

Entwurf kommt an Wall Street gut an

Anfang Mai stimmte das Repräsentantenhaus in einem neuen Anlauf für einen Umbau des Gesundheitssystems. Der nun vorgelegte Entwurf für den Senat stimmt in weiten Teilen mit dem Gesetz überein, in einigen wichtigen Punkten weicht er jedoch ab. Dies dürfte für weitere Diskussionen sorgen. "Der Präsident hat gesagt, das Gesetz des Repräsentantenhauses sei mies", sagte der Chef der demokratischen Minderheit im Senat, Chuck Schumer. "Das Gesetz des Senats könnte noch mieser sein."

An der Wall Street kam das Vorhaben jedoch gut an. Nach der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfes legten die Aktien von Krankenhausbetreibern deutlich zu. So stiegen die Papiere von HCA um drei Prozent. Auch die Aktien von Krankenversicherungsunternehmen waren gefragt. Der Index des Gesundheitssektors gewann 1,2 Prozent und lag damit so hoch wie nie zuvor. Das stützte den Gesamtmarkt.

(APA/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

In Hamburg erwarten Demonstranten Donald Trump schon sehnsüchtig zum G20-Gipfel.
Analyse

Wovon Trump mit seinen permanenten Eskapaden ablenkt

Hinter den Provokationen des US-Präsidenten steckt Kalkül. Und die Medien fallen darauf herein.
Außenpolitik

Richter stoppen Trumps Anti-Klimaschutzpläne

Vorschriften aus der Obama-Ära zur Beschränkung von Methan-Emissionen dürfen laut Urteil nicht ausgesetzt werden. Die Entscheidung ist eine Niederlage für den US-Präsidenten.
Archivbild: Donald Trump
Außenpolitik

"Strohdumm": Trump setzt Tiraden gegen US-Moderatoren fort

Trotz Kritik auch aus der eigenen Partei an seinem Verhalten beleidgt der US-Präsident zwei Fernsehmoderatoren erneut.
Protest gegen das Einreiseverbot von US-Präsident Trump
Außenpolitik

Hawaii zieht gegen Trumps Einreiseverbot vor Gericht

Das Verbot ist in Kraft getreten und betrifft Menschen aus sechs Ländern. Um doch in die USA einreisen zu können, müssen enge Verbindungen hierher nachgewiesen werden. Ein dort lebender Onkel oder eine Großmutter reichen nicht aus.
US-Präsident Donald Trump
Medien

Trump beschimpft TV-Moderator als "Psycho-Joe"

Der US-Präsident schmähte einen Moderator, dessen Kollegin verunglimpfte er als die "verrückte Mika mit dem niedrigen IQ". Hintergrund war offenbar ein Kommentar über Trumps Führungsstil.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.