Umstrittener Minister wird neuer rumänischer Premier

Mihai Tudose steigt zum Regierungschef in Rumänien auf.
Mihai Tudose steigt zum Regierungschef in Rumänien auf.REUTERS
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Die Regierungsparteien einigten sich auf Wirtschaftsminister Mihai Tudose als Nachfolger von Sorin Grindeanu, der in der eigenen Partei in Ungnade gefallen war.

In Rumänien hat Staatspräsident Klaus Johannis am Montagabend dem Vorschlag der Sozialdemokraten (PSD) und ihres linksliberalen Koalitionspartners ALDE für das Amt des Regierungschefs stattgegeben und den bisherigen Wirtschaftsminister Mihai Tudose (PSD) mit der Regierungsbildung beauftragt.

Die politische Krise schade dem Land schwer - sowohl wirtschaftlich, als auch imagemäßig - er wolle ihr umgehend ein Ende bereiten. Das Parlament möge dafür sorgen, dass Rumänien noch diese Woche eine neue Regierung erhält, sagte Johannis ist einer knappen Presseerklärung. Davor hatte der Staatschef mit allen Parlamentsfraktionen beraten - mit Ausnahme der Zwergpartei PMP hatte indes niemand eine andere Personalie unterbreitet.

Grindeanu von eigener Partei gestürzt

Tudose soll damit die Nachfolge seines bisherigen Regierungschefs Sorin Grindeanu (PSD) antreten, der letzten Mittwoch von den eigenen Regierungsparteien gestürzt worden war. Laut rumänischer Verfassung hat er nun zehn Tage Zeit, seine Ministerriege aufzustellen und sein Kabinett vom Parlament bestätigen zu lassen.

Die Personalie Tudose ist nicht unumstritten - zwar gilt der studierte Jurist, als langjähriger Vertrauter von PSD-Chef Liviu Dragnea, jedoch hatte ihm die eigene Partei erst vor wenigen Tagen anlässlich ihrer "Bewertung" der Tätigkeit der Regierung Grindeanu "Null Leistungen" an der Spitze des Wirtschaftsressorts bescheinigt. Zum anderen war der Sozialdemokrat 2015 in einen Plagiatsskandal verstrickt gewesen - weite Teile seiner 2010 bei der Akademie des Inlandsnachrichtendienstes SRI bestandenen Dissertation sollen abgekupfert sein. Um dem Skandal ein Ende zu bereiten, sah Tudose sich schließlich 2016 genötigt, die Aberkennung seines Doktortitels zu beantragen.

Kontakte zu Geheimdiensten nachgesagt

Darüber hinaus werden dem früheren Abgeordneten (fünf Amtszeiten) enge Beziehungen zu den rumänischen Geheimdiensten nachgesagt - Ex-Regierungschef Victor Ponta (PSD) bezichtigte ihn letzten März durch die Blume, ein "verdeckter Mitarbeiter" des rumänischen Inlandsgeheimdienstes SRI zu sein. Der Vorwurf scheint die PSD auch heute noch zu beschäftigen: Er habe in den letzten Jahren nicht einmal einen "Schatten eines Beweises gesehen", dass Tudose tatsächlich unter einem "doppelten Kommando" (der Geheimdienste sowie der Partei) stehe, beteuerte Dragnea am Montag.

Die erste Wahl seines Parteichefs scheint der frisch Nominierte jedenfalls nicht gewesen zu sein - am Vormittag noch hatte der Sozialisten-Chef verlautet, "fünf-sechs Personalien" auf seiner Shortlist zu haben. Wenige Stunden später räumte er jedoch gegenüber der Presse ein, dass keiner der restlichen Wunschkandidaten für Amt des Regierungschefs zur Verfügung gestanden habe.

Auch in der erweiterten Parteileitung der PSD war die Personalie offenbar mit wenig Begeisterung aufgenommen worden - vier Führungsmitglieder enthielten sich der Stimme. Dazu befragt, knurrte Tudose die Reporter an: Sie hätten sich "bisher stets an Mehrheiten gestoßen und haben nun plötzlich ein Problem mit den Stimmenthaltungen in der PSD?" Es sollte vorerst das einzige Statement des nominierten rumänischen Regierungschefs bleiben.

(APA/dpa)

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