Ausstände sind für Wochenmitte angekündigt. Bei neuen Zusammenstöße wurden dutzende Menschen verletzt.
Caracas. Die bürgerliche Opposition in Venezuela erhöht mit einem Aufruf zum erneuten Generalstreik am Mittwoch und Donnerstag den Druck auf den linkspopulistischen Präsidenten Nicolás Maduro. Wie Oppositionsvertreter am Samstag ankündigten, soll zudem am Freitag ein Protestmarsch beginnen, um die von Maduro geplante Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung abseits des von der Opposition dominierten Parlaments zu verhindern.
Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und Sicherheitskräften wurden erneut dutzende Menschen verletzt. „Wir rufen das gesamte Volk in allen Branchen zu einem 48-stündigen Streik auf“, sagte der Abgeordnete Simon Calzadilla während einer Pressekonferenz des Mitte-rechts-Bündnisses MUD. Das Volk werde mit großer Entschlossenheit dem „Betrug“ der verfassungsgebenden Versammlung entgegentreten.
Maduro will die 545 Mitglieder dieser ihm genehmen Versammlung am Sonntag wählen lassen. Die Versammlung soll die unter seinem 2013 verstorbenen Vorgänger Hugo Chávez verabschiedete Verfassung von 1999 novellieren. Der Staatschef will damit nach eigenen Angaben dazu beitragen, die seit Monaten anhaltende schwere Krise beizulegen. Seine Gegner werfen ihm vor, er wolle sich vielmehr diktatorische Vollmachten aneignen.
Bekannter Musiker verwundet
In der Hauptstadt Caracas löste die paramilitärische Nationalgarde am Samstag Proteste von Regierungsgegnern auf. Gegen Demonstranten, die zum Obersten Gericht ziehen wollten, setzte man Tränengas ein. Protestierende errichteten brennende Barrikaden und blockierten damit bis in die Nacht mehrere Straßen. Bei den Unruhen wurde auch der bekannte venezolanische Musiker Willy Arteaga verletzt, der Kundgebungen der Opposition regelmäßig mit seinem Geigenspiel begleitet. Der 23-Jährige wurde mit einer blutenden Wunde im Gesicht in ein Krankenhaus gebracht.
Die konservativen und rechten Regierungsgegner wollen Maduros Amtsenthebung erzwingen. Sie lasten dem linksnationalen Präsidenten die schwere Wirtschaftskrise an, die sich durch den Ölpreisverfall erheblich verschärft hat. Seit Beginn der Protestwelle (letztlich) Anfang April wurden in dem südamerikanischen Land mehr als hundert Menschen getötet und tausende weitere verletzt.
Druck aus dem Ausland wächst
Bisher kann sich Maduro außer auf seine Anhänger auch auf die Streitkräfte verlassen. Doch international wächst der Druck auf ihn. US-Präsident Donald Trump kündigte Mitte des Monats an, dass sein Land unverzüglich starke wirtschaftliche Sanktionen verhängen werde, sollte am Sonntag die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung stattfinden. Das Auswärtige Amt in Berlin forderte Maduro auf, die Einberufung der Versammlung zu überdenken. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2017)