Nach missglücktem Überfall auf die israelische Botschaft in Jordanien streiten Amman und Jerusalem um Auslieferung eines Wachmanns und Lösung der Tempelberg-Krise. US-Sondergesandter Greenblatt traf in Israel ein.
Jerusalem. Der Überfall auf einen Wachposten der israelischen Botschaft in Jordanien belastet das Verhältnis der beiden Nachbarstaaten. Bei dem Zwischenfall, der sich am Sonntagabend ereignete und fast zwölf Stunden unter Nachrichtensperre stand, griff der 17-jährige Jordanier Mohammed Jawawdeh den israelischen Sicherheitsposten mit einem Schraubenzieher an. Der Wachmann zog darauf seine Pistole, erschoss den Angreifer und offenbar versehentlich noch einen anderen Mann. Während jordanische Berichte zunächst davon ausgingen, dass es sich um einen unpolitischen Streit, womöglich um Geld handelte, vermutet man in Israel, dass der Angriff von der aktuellen Krise am Tempelberg motiviert war. Für letztere Version spricht, dass der Vater Jawawdehs seinen Sohn einen Märtyrer nannte.
Jawawdeh erreichte im Auftrag seines Vaters das neben der Botschaft gelegene Wohnhaus der israelischen Diplomaten, um Reparaturen an einer Schlafzimmergarnitur vorzunehmen. Er soll den Wachposten mit dem Schraubenzieher in den Rücken gestochen haben, bevor er erschossen wurde. Bei dem zweiten tödlich verletzten Jordanier handelt es sich offenbar um den Besitzer des Mietshauses. Jordanien verlangt, den leicht verletzten Wachposten zu verhören. Israel beruft sich hingegen auf die Wiener Konvention, die Diplomaten Immunität garantiert.
Der Eklat zwischen Israel und Jordanien erinnert an den Giftanschlag des Mossad am früheren Hamas-Politbürochef Khaled Mashaal 1997 in Amman. Der Mordversuch missglückte. Um die eigenen Agenten aus jordanischer Hand zu befreien, musste Israel ein Gegengift liefern, mit dem Maschaal gerettet wurde. Außerdem kam der palästinensische Hamas-Gründer Scheich Ahmad Jassin im Handel für die beiden Mossad-Männer aus dem Gefängnis. Zwar handelt es sich aktuell nicht um vorsätzliches Handeln, aber es sind zwei Menschen zu Tode gekommen.
Der frühere Mossad-Agent Mischka Ben David glaubt, dass Jordaniens Preis für die Auslieferung des Wachmannes diesmal die Entfernung der Metalldetektoren am Tempelberg sein könnte. Ben David sprach gegenüber der „Jerusalem Post“ von einer Lösung, bei der alle Seiten gewinnen würden. „Israel würde Ruhe auf dem Tempelberg erreichen, die Beziehungen zu Jordanien wiederherstellen und den Sicherheitsmann zurückbekommen.“ Umgekehrt könnte sich Jordanien als Retter präsentieren, der die festgefahrenen Fronten in dem gefährlichen Konflikt um die Sicherheitsmaßnahmen auflöst.
Shin Beth gegen Detektoren
Israel hatte nach einem Anschlag mit Schusswaffen auf zwei Grenzpolizisten am vorvergangenen Freitag die Kontrollen verschärft. Die israelische Polizei hält die Metalldetektoren für notwendig, um den Schmuggel von Waffen auf das Gelände zu unterbinden. Dementgegen riet der Nachrichtendienst Shin Beth zu einem Entfernen der Sicherheitsmaßnahme, die Grund für die heftigen Proteste ist.
Um in der Krise, die seit Beginn 13 Menschenleben forderte, darunter drei Attentäter, zu vermitteln, traf gestern der US-Sondergesandte Jason Greenblatt in Jerusalem ein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2017)