Das Gesetz, das der polnische Präsident durchgehen hat lassen

Der polnische Präsident Andrzej Duda.
Der polnische Präsident Andrzej Duda.REUTERS
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Nicht alle Gesetze der polnischen Justizreform sind per präsidentiellem Veto gestoppt. Ein Gesetz, das der Regierung Einfluss auf Gerichte gibt, hat er unterzeichnet.

Polens Präsident Andrzej Duda hat eineder umstrittenen Justizreformen der nationalkonservativen Regierung unterschrieben. Dies bestätigte am Dienstag der Vizechef der Präsidentenkanzlei, Pawel Mucha, im polnischen Radio. Die Reform der allgemeinen Gerichte sei aus Sicht der Bürger die wichtigste Justizreform, sagte er. "Sie ist unterschrieben, sie wird in Kraft treten."

Dass Duda die Reform der normalen Gerichte unterschreiben werde, hatte seine Kanzlei bereits angekündigt. Das Gesetz wird der Regierung Einfluss auf die allgemeinen Gerichte verleihen - auch davor hatte die EU-Kommission gewarnt. "Die Proteste für ein drittes Veto sind sinnlos, der Präsident hat das Gesetz bereits unterschrieben", erteilte ihnen Mucha eine Absage. Die Reform der allgemeinen Gerichte sei aus Sicht der Bürger die wichtigste Justizreform, sagte er.

Für seine Personalentscheidungen ist der Justizminister den Justizbehörden künftig keinerlei Rechenschaft schuldig. Er muss nicht mehr die Vollversammlung der polnischen Richter konsultieren oder im Falle einer Ablehnung durch dieses Gremium den Landesrichterrat befragen. Ein Gestz hatte Duda bereits im Juni unterschrieben, dieser änderte die Regelungen zur Richterausbildung. 

Gegen die umstrittenen Reformen zum Obersten Gericht und des über die Unabhängigkeit der Justiz wachenden Landesrichterrats (KRS) hatte Duda am Montag überraschend Veto eingelegt und damit auf Proteste tausender Menschen sowie Sanktionsdrohungen der EU-Kommission reagiert. Ein von Brüssel kritisiertes Gesetz zur Richterschule unterzeichnete Duda bereits im Juni.

Brüssel sah die Unabhängigkeit der Justiz durch die von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) vorgelegten Gesetze bedroht. Kritiker warnen mitunter vor dem Einfluss des Justizministers auf Richter und Gerichte. Durch die nun unterzeichnete Novelle wird er unter anderem Gerichtsvorsitzende durch neue Kandidaten ersetzen können. Die polnische Regierung hat bereits angekündigt, sich von Dudas Veto nicht bremsen zu lassen.

(APA/dpa)

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