USA: John Kellys schwierigste Mission

Ex-General Kelly entließ Stunden nach seiner Vereidigung als Stabschef den frisch ernannten Kommunikationschef Scaramucci. Trump hatte dafür grünes Licht gegeben.
Ex-General Kelly entließ Stunden nach seiner Vereidigung als Stabschef den frisch ernannten Kommunikationschef Scaramucci. Trump hatte dafür grünes Licht gegeben.(c) REUTERS
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Der neue Stabschef soll im Weißen Haus für Disziplin sorgen und hat Kommunikationschef Scaramucci nach zehn Tagen im Amt gefeuert. Das größte Hindernis aber ist der Präsident selbst.

Washington/Wien. Am Tag danach blieb es ungewöhnlich lange ruhig auf Donald Trumps Twitter-Account. Der US-Präsident, der es sich zur Gewohnheit gemacht hat, allmorgendlich zum Handy zu greifen und mal selbstverherrlichende, mal wütende, mal bizarre Kurznachrichten in die Welt zu schießen, schwieg am Dienstag lange. Stattdessen prangte ganz oben auf der Liste seiner Botschaften noch der Eintrag vom Vortag: „Ein großartiger Tag im Weißen Haus!“

Man darf annehmen, dass Trump damit den Amtsantritt von John Kelly, dem bisherigen Heimatschutzminister, als neuem Stabschef im Weißen Haus bejubelte – ein Start mit Knalleffekt.

Unmittelbar nach seiner Vereidigung am Montag hatte der angesehene ehemalige Vier-Sterne-General den jüngsten Neuzugang im Trump'schen Team entlassen: Kommunikationschef Anthony Scaramucci, ein bisheriger Fondsmanager und glühender Verehrer des Präsidenten, der sein Amt erst zehn Tage zuvor angetreten hatte.

Die Botschaft war klar: Kelly will zeigen, dass er seine Mission ernst nimmt. Und die lautet: Ordnung und Disziplin in ein von Chaos und internen Konflikten geprägtes White House zu bringen. Wie US-Medien berichteten, hat er dabei (derzeit) die volle Rückendeckung des Präsidenten. Die Entlassung Scaramuccis war mit Trump abgestimmt. „Der neue Stabschef zeigt am ersten Tag seine Muskeln“, titelte die „Washington Post“.

Neuer Tiefpunkt im Ton

Während seines kurzen Intermezzos im Weißen Haus hatte Scaramucci Stabschef Reince Priebus und einen Mitarbeiter der Presseabteilung, Michael Short, aus dem Amt gemobbt und mit einem von Obszönitäten gespickten Interview einen neuen Tiefpunkt im Ton des Weißen Hauses definiert. Sprecher Sean Spicer hatte schon bei der Ankündigung, dass Scaramucci neuer Kommunikationschef werden würde, das Handtuch geschmissen. Kein Wunder, dass dessen Auftritte mit den Plänen Kellys, dem Loyalität und Disziplin in der Truppe über alles gehen, unvereinbar war.

Dass Trump den ihm ergebenen Scaramucci opferte (dessen Auftritte den Staatschef, wie kolportiert wurde, zunächst belustigten), werteten US-Medien als Zeichen, dass Trump dem Ex-Marine beim Aufräumen freie Hand geben will. „General Kelly hat die volle Befugnis, und alle Mitarbeiter werden direkt an ihn berichten“, erklärte Trump-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders. Wird dies voll umgesetzt, müssten künftig auch Trump-Tochter Ivanka und ihr Ehemann Jared Kushner den Umweg über Kelly machen, ebenso Chefstratege Stephen Bannon.

Das größte Hindernis aber dafür, dass Kelly seinen Auftrag erfüllen kann, bleibt bestehen: der Präsident selbst. Nicht nur einmal hatte Trump sein Team via Twitter-Meldungen mit Entscheidungen überrascht, hatte er seinen Leuten in Interviews oder in Kurznachrichten widersprochen und sie bloßgestellt. Er ist bekannt dafür, Rivalitäten zwischen seinen Mitarbeitern zu schüren. Und nicht zuletzt hat Trump die Neigung, einen Skandal durch eine ungeschickte Reaktion nur noch schlimmer zu machen.

Jüngstes Beispiel dafür sind die Enthüllungen über die Russland-Kontakte seines ältesten Sohnes. Wie die „Washington Post“ am Dienstag berichtete, war es Trump persönlich, der – trotz der Einwände seiner Berater – im Juni eine bewusst irreführende Stellungnahme zu dem Treffen Donald Trump juniors mit der russischen Anwältin Natalia Weselnizkaja formulierte. Dabei, diktierte Trump, sei „in erster Linie über ein Programm zur Adoption russischer Kinder gesprochen worden“ – eine Behauptung, die sich später als schlicht falsch erwies. Emails zeigten, dass es in Wahrheit um angeblich belastendes Material offizieller russischer Stellen über Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ging.

Als Trump am Dienstag schließlich doch zum Handy griff, machte er jedenfalls klar, dass er sich das Twittern auch künftig nicht nehmen lasse. Nach zwei Jubel-Botschaften über die Wirtschaft schrieb er: „Nur die Fake-News-Medien und Trump-Feinde wollen, dass ich aufhöre, soziale Medien zu nutzen. Einziger Weg für mich, die Wahrheit herauszubringen!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2017)

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