UN-Sicherheitsrat verhängt bisher schärfste Sanktionen gegen Nordkorea

Pjöngjang
PjöngjangAPA/AFP/ED JONES
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Die Resolution enthält Ausfuhrverbote auf Kohle, Eisen, Eisenerz, Blei, Bleierz sowie Fisch und Meeresfrüchte.

Der UNO-Sicherheitsrat hat die bisher schärfsten Sanktionen gegen Nordkorea verhängt und will das kommunistisch regierte Land mit wirtschaftlichem Druck an den Verhandlungstisch zwingen. Das höchste UNO-Gremium stimmte am Samstag einstimmig für eine Resolution, die Ausfuhrverbote auf Kohle, Eisen, Eisenerz, Blei, Bleierz sowie Fisch und Meeresfrüchte enthält.

Die Exporterlöse des international isolierten Landes würden damit nach US-Angaben um eine Milliarde Dollar (842,60 Mio. Euro) und so mindestens um ein Drittel gekürzt. Zudem verhängte das höchste UNO-Gremium Reiseverbote gegen neun Nordkoreaner, die an Bank- und Militärgeschäften beteiligt sind. Ihre Vermögen sowie die vier nordkoreanischer Unternehmen, darunter zwei Banken und eine Versicherung, wurden eingefroren.

Es ist die achte UNO-Resolution im Zusammenhang mit Nordkoreas Atom- und Raketentests seit dem Jahr 2006. Wirkung gezeigt hat bisher keine von ihnen - Pjöngjang setzte seine Tests und sein Atomprogramm trotz aller Warnungen bisher fort.

Es handle sich um die "härteste Reihe an Sanktionen gegen irgendein Land in einer Generation", sagte die UNO-Botschafterin der USA, Nikki Haley, in der Sitzung. Die Führung in Pjöngjang werde den Entzug zu spüren bekommen, den sie dem nordkoreanischen Volk auferlegen wolle. Die zehnseitige Resolution verurteilt die jüngsten Raketentests auf das Schärfste und bezeichnet diese als "gewalttätige und unverhohlene Missachtung" bestehender Resolutionen.

"Kreativere Diplomatie" notwendig

Die letzten zwei Raketentests hätten die Welt an einen "kritischen Punkt" gebracht, sagte Frankreichs UNO-Botschafter Francois Delattre. "Was in dieser Krise auf dem Spiel steht, ist die Zukunft, die Zukunft des Systems der Nichtverbreitung (von Atomwaffen), die wir über das letzte Jahrzehnt sehr geduldig aufgebaut haben." Nicht eine Region oder eine kleine Anzahl von Ländern sei in Gefahr, sondern die ganze Welt, sagte der britische UNO-Botschafter Matthew Rycroft. Sein schwedischer Amtskollege Carl Skau betonte aber auch, Sanktionen allein würden die Situation nicht lösen - "kreativere Diplomatie" sei notwendig.

Eine Interkontinentalrakete desselben Typs, wie sie am Freitag vergangener Woche abgefeuert wurde, könnte nach Angaben von Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un das Festland der USA erreichen. Nach Berechnungen von Raketenexperten hätte der Flugkörper vom Typ Hwasong-14 theoretisch eine Reichweite von rund 10.000 Kilometern. Die Rakete könnte demnach US-Großstädte wie Los Angeles, Denver oder Chicago treffen.

US-Präsident Donald Trump hob hervor, dass die Entscheidung im Sicherheitsrat einstimmig, also mit 15:0 Stimmen gefallen sei - darunter jenen von China und Russland, die bisher noch die größte Nähe zu den Machthabern in Pjöngjang pflegten. Die Sanktionen hätten "sehr große finanzielle Wirkung", schrieb Trump auf Twitter.

Noch vergangenen Sonntag hatte Haley eine Dringlichkeitssitzung des Rates abgelehnt, solange Nordkorea keine Konsequenzen durch die Weltgemeinschaft befürchten müsse. Nordkorea habe straflos gegen zahlreiche UNO-Resolutionen verstoßen. Eine weitere Resolution sei schlimmer als gar keine Reaktion, weil sie nur die Botschaft an Kim Jong-un sende, dass die Weltgemeinschaft nicht willens sei, ihn ernsthaft herauszufordern.

USA wollten noch drastischere Schritte

Laut "New York Times" hatten die USA zuletzt noch drastischere Schritte gefordert, konnten sich damit aber nicht durchsetzen. Haley habe etwa darauf gedrängt, Nordkoreas Zugang zu Geld- und Ölquellen im Ausland ganz zu kappen. Der Resolution vom Samstag waren lange Verhandlungen mit Russland und China vorausgegangen, die den Schritt mit ihrem Veto-Recht im Sicherheitsrat hätten stoppen können.

Zuletzt hatte der Sicherheitsrat die Strafmaßnahmen gegen Pjöngjang Anfang Juni ausgeweitet. Seit 2006 verhängte er etwa Handelssanktionen und Sperren auf die Einfuhr von Technik für den Bau ballistischer Raketen. Auch ein Verkaufsverbot für Waffen, Flugzeug- und Raketentreibstoff sowie für Gegenstände, die dem Militär zugutekommen könnten, wurde verhängt. Jede Fracht mit Ziel oder Herkunft Nordkorea wird seitdem untersucht. Verboten ist auch der Export von Kupfer, Nickel, Silber und Zink.

Der chinesische UNO-Botschafter Liu Jieyi sagte, China trete weiterhin dafür ein, die Gespräche über eine Entnuklearisierung der koreanischen Halbinsel wieder aufzunehmen. Die einstimmige Verabschiedung der Resolution zeige aber, dass die internationale Gemeinschaft in der Atomfrage eine "einheitliche Position" vertrete.

Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensia meinte, die Sanktionen dürften kein Selbstzweck sein, sondern lediglich ein Instrument, um Nordkorea zu einer Wiederaufnahme der Gespräche zu bringen.

Der Sicherheitsrat beschloss auch, dass die Zahl nordkoreanischer Arbeiter im Ausland nicht steigen darf. Verboten ist zudem, neue Joint Ventures mit Nordkorea einzugehen oder neues Geld in bestehende Gemeinschaftsprojekte zu stecken.

Trotz des einstimmigen Votums wurden am Samstag erneut Differenzen zwischen China und den USA deutlich: Der chinesische UNO-Botschafter forderte von den Regierungen in Washington und Seoul, das in Südkorea stationierte US-Raketenabwehrsystem Thaad abzuziehen. Dieses trage nicht zur Lösung des Konfliktes bei. Russland schloss sich dieser Forderung an. Sein UNO-Botschafter sagte, er hoffe, dass die jüngsten Äußerungen von US-Außenminister Rex Tillerson aufrichtig gemeint gewesen seien, wonach die USA keinen Regimewechsel in Nordkorea anstrebten, keine Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea erzwingen wollten und auch keine Militärintervention beabsichtigten.

China hat die Stationierung des US-Raketenabwehrsystems wiederholt kritisiert, weil das Radar auch weit in das eigene Territorium reichen soll. Trump wiederum fordert von China, mehr Druck auf die Regierung in Pjöngjang auszuüben. China ist der einzige wichtige Verbündete des isolierten Staates.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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