China zeigt Nordkorea die Zähne

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Die neuen, massiven Sanktionen gegen Pjöngjang wurden nur mit Pekings Hilfe möglich. China sieht durch die Provokationen des Verbündeten Nordkorea die eigenen strategischen Interessen bedroht.

Peking/New York. Chinas Regierung war die letzte Verbündete des stalinistischen Regimes in Nordkorea. Doch nun geht auch Peking immer mehr auf Distanz zu Pjöngjang. Diese neue Gangart bekam Nordkoreas Diktator Kim Jong-un am Wochenende zu spüren: Auch China stimmte im UN-Sicherheitsrat drastischen Handelssanktionen gegen Pjöngjang zu. Durch die Strafmaßnahmen sollen die Exporteinnahmen Nordkoreas deutlich sinken. Es sind die massivsten Sanktionen, die zuletzt gegen das Regime in Pjöngjang verhängt worden sind.

Chinas Außenminister Wang Yi forderte am Sonntag von Nordkoreas Führung, „richtige und kluge Entscheidungen“ zu treffen. Das richtige Verhalten werde auch Nordkorea helfen, sagte Wang in der philippinischen Hauptstadt Manila. Dort kamen die Außenminister der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean zusammen. China ist nicht Mitglied, sondern ein sogenannter Dialogpartner der Staatengemeinschaft – ebenso wie die USA und Russland, die ihre Außenminister Rex Tillerson und Sergej Lawrow nach Manila entsandten. Am Rande des Asean-Treffens kam Wang auch mit Nordkoreas Außenminister Ri Hong-yo zu einer Unterredung zusammen.

Peking will neue Sechsergespräche

Chinas Außenminister sprach sich in Manila für eine Wiederaufnahme der sogenannten Sechsergespräche über das nordkoreanische Atomprogramm aus. Die Verhandlungen, an denen neben China die USA, Russland, Japan sowie Nord- und Südkorea teilnehmen, liegen seit Jahren auf Eis. „Nur Dialog und Verhandlung sind der richtige Weg, um die Frage der koreanischen Halbinsel anzugehen“, sagte Wang.

Die permanenten Provokationen Nordkoreas mit Raketentests sind auch für Chinas Regierung ein Grund zur Sorge – unter anderem wegen der Auswirkungen auf das strategische Gefüge in der Region. Peking passt es so gar nicht, dass die USA wegen der Bedrohung durch Nordkorea ihre militärische Präsenz in Ostasien weiter ausbauen. Denn China möchte in seinem Einflussbereich die USA so weit wie möglich draußen halten. Vor allem die Stationierung zusätzlicher amerikanischer Thaad-Abwehrraketen missfällt der chinesischen Regierung. Das Thaad-System ist dafür konstruiert, anfliegende ballistische Raketen abzufangen. Und Militärs in Peking befürchten, zusätzliche Thaad-Einheiten in Südkorea oder auch Japan könnten – gleichsam als Nebeneffekt – die Abschreckungswirkung des chinesischen Raketenarsenals in Ostasien einschränken.

US-Präsident Donald Trump ließ zuletzt auch Flugzeugträger in die Region verlegen. Und amerikanische B-1B-Langstreckenbomber nahmen als Demonstration der Stärke mehrmals an gemeinsamen Manövern mit der südkoreanischen und der japanischen Luftwaffe teil. Trumps Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster schließt zudem ganz offen eine militärische Reaktion der USA nicht mehr aus. In einem Interview mit dem Sender MSNBC sagte er, der US-Präsident prüfe Pläne für einen Präventivangriff gegen Nordkorea. „Er sagt, er wird nicht tolerieren, dass Nordkorea die USA bedrohen kann“, gab McMaster bekannt. „Deshalb müssen wir natürlich alle Optionen prüfen. Und das schließt eine militärische Option ein.“

Unternehmen auf schwarzer Liste

China ist Nordkoreas wichtigster Haupthandelspartner. 90 Prozent der Exporte Nordkoreas gehen ins Nachbarland. Die Umsetzung der Sanktionen durch China ist entscheidend für deren Effizienz. Mit den neuen Strafmaßnahmen wird unter anderem die Zahl der Arbeiter, die Pjöngjang ins Ausland entsenden darf, begrenzt. Zudem kommen weitere Unternehmen und Funktionäre auf die schwarze Liste. Die ursprüngliche US-Forderung zur Einschränkung der Öllieferungen an Nordkorea wurde allerdings gestrichen. (APA/AFP/red.)

Auf einen Blick

Der UN-Sicherheitsrat hat neue, massive Sanktionen gegen Nordkorea verhängt. Das Paket der Strafmaßnahmen enthält unter anderem Ausfuhrverbote für Kohle, Eisenerz und Blei. 90 Prozent der Exporte Nordkoreas gehen nach China.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.08.2017)

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