Barcelona: Attentäter von La Rambla ist tot

APA/AFP/JOSEP LAGO
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Der 17-Jährige ist spanischen Medien zufolge unter den fünf Männern, die von der Polizei in Cambrils erschossen wurden. Er galt zuvor als flüchtig.

Der Attentäter von Barcelona, der zunächst entkommen war, ist nach jüngsten Erkenntnissen der katalanischen Polizei  bei dem Polizeieinsatz in Cambrils erschossen worden. Der Fahrer des Kleintransporters, der auf der Flaniermeile La Rambla in Barcelona ein Blutbad angerichtet hat, ist spanischen Medienberichten zufolge tot. Er ist demnach unter den fünf Männern, die von der Polizei in Cambrils erschossen wurden, schrieb unter anderem die spanische Zeitung "El Pais" am Freitag. Er galt zuvor als flüchtig.

Bei dem Attentäter soll es sich um den 17-jährigen Moussa Oukabir handeln. Der junge Marokkaner ist der jüngere Bruder von Driss Oukabir, der Stunden nach dem Attentat festgenommen wurde. Die Papiere von Driss Oukabir wurden im Terrorfahrzeug gefunden. Als er am Donnerstagabend sein eigenes Fahndungsfoto im Fernsehen sah, stellte er sich der Polizei. Seiner Aussage zufolge wurden seine Papiere von seinem Bruder gestohlen und dann benutzt, um in fremden Namen zwei Lieferwagen zu mieten. Dabei handelt es sich um das Terrorfahrzeug von Barcelona und um einen zweiten Wagen, der in der 70 Kilometer entfernten Stadt Vic sichergestellt wurde.

Flucht mit dem Auto

Auf der Flucht durch Barcelona kaperte Moussa Oukabir möglicherweise am Donnerstagabend ein Fahrzeug und erstach den Fahrer. Mit Sicherheit weiß man nur, dass ein Wagen am Stadtrand eine Polizeisperre durchbrach, wo es zu einer Schießerei kam. Als die Polizei das Fahrzeug, das noch eine Stück weitergerollt war, inspizierte, fand sie die Leiche des Autobesitzers – aber auf dem Beifahrersitz und mit Stichwunden. Deswegen schloss die Polizei nicht aus, dass Moussa Oukabir diesen Fluchtwagen lenkte und sich nach dem Durchbrechen der Polizeisperre noch unbemerkt absetzen konnte.

Die Hinweise auf einen zusammenhängenden Anschlagsplan verdichteten sich am Freitag: Die Terrorspur von Barcelona führt in den kleinen nordspanischen Küstenort Alcanar in der Provinz Tarragona. Dort, 200 Kilometer südwestlich der katalanischen Mittelmeer-Metropole, flog einen Tag vor der mörderischen Fahrt durch Barcelona die mutmaßliche Bombenwerkstatt der islamistischen Terroristen in die Luft. Dies verhinderte offenbar, dass das achtköpfige Terrorkommando einen mächtigen rollenden Sprengsatz in Spaniens Tourismus-Hochburg Barcelona zünden konnte.

Deswegen, so vermutet die Polizei, schritten sie zu einem Plan B: Einen Tag später, am Donnerstagnachmittag, raste einer der Terroristen mit einem Lieferwagen über die berühmte Rambla Barcelonas, auf der sich zu diesem Zeitpunkt tausende Menschen befanden, darunter viele ausländische Touristen. Wohl wissend, dass die Rambla nicht nur die bekannteste Flaniermeile der Stadt, sondern des ganzen spanischen Königreichs ist.

Bombenbauer getötet?

Zwischen den Trümmern jenes Wohnhauses, das am Mittwochabend, um 23.17 Uhr, in Alcanar in die Luft flog, fand die Polizei wenigstens 20 Butangasflaschen. Zunächst dachten die Ermittler an einen Gasunfall. Doch 24 Stunden später verdichteten sich die Hinweise, dass jene Terrorserie, die Barcelona und Stunden später den touristischen Badeort Cambrils erschütterte, mit Alcanar, einem kleinen Küstenort mit 10.000 Einwohnern, in Verbindung steht. Nach dem Einsturz des Einfamilienhauses in Alcanar wurde zwischen den Trümmern eine Leiche gefunden, es könnte sich um die sterblichen Überreste eines der Bombenbauer handeln. Ein weiterer möglicher Terrorist des Bombenverstecks in Alcanar liegt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen.

Während die Polizei zwischen den Trümmern nach weiteren Spuren suchte, kämpfte die 1,6-Millionen-Einwohnerstadt Barcelona am Freitag gegen den Terrorschock: Etwa mit einer Gedenkveranstaltung samt Schweigeminute in der Nähe des Tatortes, an der auch Spaniens König Felipe und der konservative Regierungschef Mariano Rajoy teilnahmen.
Oder mit großer Solidarität für die 14 Todesopfer und rund 130 Verletzten, die der Terrorfahrer mit seinem weißen Lieferwagen auf der Rambla überfahren hatte. Vor den Blutspende-Stationen der Krankenhäuser bildeten sich lange Schlangen. Einige Hoteliers boten den überlebenden Terroropfern und ihren Familien kostenlose Unterbringung an. Zu den Konsequenzen nach dem Terrortag gehört auch die Ankündigung, das die Sicherheitsmaßnahmen in dieser brodelnden Stadt, die jedes Jahr von mehr als 30 Millionen Touristen besucht wird, weiter verstärkt werden. Denn ausgerechnet auf der Rambla gab es noch keine Betonblöcke oder Stahlpoller, um terroristische Fahrer zu stoppen.

Viele ausländische Touristen verletzt

Am Donnerstag gegen 16.50 Uhr, so registrierten es die Überwachungskameras auf der Rambla, war ein weißer Fiat-Lieferwagen an der Plaza der Cataluña auf die Rambla-Allee eingebogen. Im Fußgängerbereich, in der Mitte der Allee, gab der Fahrer Gas und überrollte nach Polizeiangaben „mehr als einhundert Menschen“. Der Kripochef der nordspanischen Region Katalonien, Josep Lluís Trapero, sagte, dass der Fahrer versucht habe, „die größtmögliche Zahl von Menschen zu töten“.

Etwa einen halben Kilometer lenkte der Terrorist das Gefährt in Schlangenlinien über die Fußgängerzone. „Viele Menschen sprangen zur Seite“, berichtete einer der Blumenhändler, der seine Sträuße auf der Rambla anbietet. „Andere flogen durch die Luft.“ Ana und Cristina, zwei spanische Urlauberinnen, die sich vor der Amokfahrt retten konnten, weil sie zur Seite rannten, berichteten: „Er hat alles mit seinem Wagen umgemäht: Menschen und Verkaufsstände.“ Andere hatten weniger Glück und wurden von dem Fahrzeug erfasst. Auch Touristen aus mehr als 30 Nationen sind unter den Opfern: Den vorläufigen Angaben zufolge sollen sich wenigstens drei Deutsche, zwei Italiener und ein Belgier unter den Toten befinden. Zudem wurden mindestens 14 Deutsche und eine Österreicherin verletzt, zudem Urlauber aus etlichen anderen Staaten.

Schließlich krachte der Terrorwagen gegen einen Kiosk und kam wenig später zum Stehen. Der Terrorfahrer, der im Polizeifunk als ein „Mann mit weiß-blauen Streifenhemd“ beschrieben wurde, sprang heraus und verschwand in den Altstadtgassen Barcelonas.

Von Barcelona führte die Blutspur noch in der Nacht zum Freitag weiter zum Ferienort Cambrils, der 130 Kilometer südwestlich Barcelonas liegt. Dort wollte in der Nacht zum Freitag ein fünfköpfiges Terrorkommando ein weiteres Massaker begehen. Gegen 1.15 Uhr in der Nacht gelingt es der Polizei an der Promenade und in der Nähe des Hafens mit Schüssen ein Fahrzeug zu stoppen, das gerade mehrere Menschen überrollt hatte. In dem Wagen saßen fünf Männer, alle trugen gut sichtbare Sprengstoffgürtel – die sich später allerdings als Attrappen erwiesen.

Die fünf Terroristen versuchten noch, aus dem Wagen zu kommen, vier von ihnen wurden durch Polizeischüsse in der Nähe des Fahrzeugs niedergestreckt. Nur einer der fünf schafft es, einige hundert Meter weiter flüchten und mehrere Menschen auf der Strandpromenade mit einem Messer zu verletzten. Dann wurde auch er durch Schüsse aufgehalten und brach zusammen. Alle fünf Terroristen starben. Später stellt sich heraus, dass der Attentäter von La Rambla unter ihnen war.

Frau in Cambrils getötet

Auch in Cambrils sind Opfer zu beklagen: Eine Frau wurde getötet und sechs Menschen verletzt. Später bedankte sich der katalanische Innenminister Joaquim Forn bei jenen Polizisten, die durch ihre schnelle Reaktion ein noch größeres Blutbad verhindert haben. Denn offenbar wollte das Terrorkommando erst mit einer Fahrt über die Promenade nach dem Muster Barcelonas viele Menschen ermorden und dann mit langen Messern weitere Opfer suchen.

Am Freitag versuchte die Polizei die Verbindungen zwischen den drei Terrorschauplätzen Alcanar, Barcelona und Cambrils zu knüpfen. Und auch zu jenem Ort namens Ripoll, rund 100 Kilometer nördlich Barcelonas, in dem zwei Verdächtige festgenommen wurden, darunter der Bruder des mutmaßlichen Todesfahrers Moussa Oukabir. Insgesamt finden sich nun vier Verdächtige - ein Spanier und drei Marokkaner - in Polizeigewahrsam.

Moussa Oukabir, mutmaßlicher Haupttäter, hat vor zwei Jahren in einem sozialen Netzwerk seinen größten Wunsch kundgetan. Auf die Frage von Netzwerkfreunden, was er als „absoluter König der Welt“ als Erstes machen würde, antwortete er: „Ich möchte so viele Ungläubige wie möglich töten.“

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