Ostukraine

Blauhelme im Donbass: Putin als Friedensstifter?

Kurswechsel: Der Kreml kann sich plötzlich Blauhelme im Donbass vorstellen.
Kurswechsel: Der Kreml kann sich plötzlich Blauhelme im Donbass vorstellen.(c) REUTERS
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Der Kreml sträubte sich bisher gegen eine UN-Friedenstruppe. Nun griff Präsident Putin die Idee auf. Und änderte sie.

Die Idee, Friedenstruppen der Vereinten Nationen in das ostukrainische Kriegsgebiet schicken zu wollen, stammt nicht von Wladimir Putin. Ironischerweise war es Moskau, das sich stets gegen den Vorschlag der Entsendung von Blauhelmen gewehrt hat. Am Dienstag ließ der russische Präsident überraschend damit aufhorchen, Russland werde eine entsprechende Resolution in den UN-Sicherheitsrat einbringen. Die russische Zeitung „Kommersant“ nannte es eine „grundsätzliche Wende“. Will Moskau womöglich einen mittlerweile lästig gewordenen Krieg beilegen?

Seit dem Ausbruch des Kriegs im Frühsommer 2014 werden UN-Soldaten immer wieder ins Gespräch gebracht. Etwa dann, wenn es zu besonders schweren Verletzungen des zwischen den Kriegsparteien vereinbarten Waffenstillstands kommt. Oder dann, wenn wieder einmal die im Konfliktgebiet stationierten, derzeit knapp 550 zivilen Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) unter Androhung von Waffengewalt an ihrem Job gehindert werden. Es gibt viel Kritik an der Mission: Sie sei durchsetzungsschwach, ein willkommener Spielball für die Kriegsparteien.

Der Ruf nach UN-Blauhelmen entspringt also dem Frust mit der derzeitigen Lage. Ihre Präsenz, so die Hoffnung, würde den bis heute mehr schlecht als recht eingehegten Konflikt beruhigen.

Streitpunkt Grenzkontrolle

Bisher haben sich die Ukraine und westliche Politiker für die Entsendung von UN-Soldaten starkgemacht. Kiew, das offiziell die Kontrolle über die abtrünnigen Teile der Gebiete Luhansk und Donezk wiedererlangen will, geht es vor allem um die Stationierung von Soldaten im Separatistengebiet und entlang der russisch-ukrainischen Grenze. So soll der Nachschub aus dem „Aggressorstaat“, wie man Russland mittlerweile bezeichnet, unterbunden werden.

Der russische Plan sieht das laut Auskunft von Präsident Putin nicht vor. Nur entlang der Frontlinie sollen die UN-Beobachter Aufstellung nehmen, quasi als Bewacher der OSZE. Es ist eine Idee, die in Kiew keine Zustimmung finden wird. Doch diese wäre für eine Entsendung nötig. Auch sollen die Blauhelme laut Putin erst dann kommen, wenn die schweren Waffen abgezogen sind.

Dieser Punkt findet sich schon im Minsker Abkommen von Februar 2015. Er ist nicht umgesetzt. Es gibt also einen Friedensfahrplan: Um den Konflikt zu beenden, müssten beide Seiten 13 Punkte erfüllen. So simpel, so schwierig.

PR-technisch ist Putins Verlautbarung geglückt. Er kam dem ukrainischen Staatschef, Petro Poroschenko, zuvor, der Ende September in New York seine Pläne für eine Friedensmission vorstellen wollte. Moskau legt derzeit – wie auch in anderen Konfliktherden – eine ungemeine Aktivität an den Tag: Man setzt die Agenda, präsentiert sich als Friedensstifter.

Sollten eines Tages tatsächlich UN-Blauhelme im Donbass patrouillieren, würden sie dem Kreml nicht wehtun. Der russischen Führung geht es nicht um die Einnahme, sondern um Einfluss in der Ukraine. Ihn kann man auf vielerlei Weise ausüben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2017)

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