Bei den Rechtspopulisten, die ins Parlament einziehen, tummeln sich neben rechtskonservativen Honoratioren auch Rassisten, Antisemiten, Verschwörungstheoretiker und Freunde der Identitären.
Berlin. Martin Hohmann ist ein alter Bekannter Angela Merkels. Im Jahr 2004 hat die CDU-Chefin den Abgeordneten aus dem damals ultrakonservativen, von Alfred Dregger geprägten Landesverband Hessen – im Übrigen auch der einstigen politischen Heimat Alexander Gaulands – aus der Partei ausgeschlossen. Hohmann hatte am Tag der Deutschen Einheit eine Rede mit antisemitischen Untertönen gehalten, die als Hohmann-Affäre in die Annalen einging. Jetzt zieht Hohmann wieder in den Bundestag ein – als einer von 93 AfD-Abgeordneten.
Auch Armin-Paul Hampel ist für die Kanzlerin und viele Parlamentarier ein bekanntes Gesicht. Als Parlamentskorrespondent der ARD – und später als Korrespondent in Neu Delhi – hat der 60-Jährige, deren Eltern nach dem Zweiten Weltkrieg aus Ostpreußen und Schlesien vertrieben worden sind, die politische Szene genau beobachtet. Mittlerweile hat er das Metier gewechselt: In der AfD ist der ehemalige ARD-Mann in die Führungsriege aufgestiegen. Am Wahlabend präsentierte er sich an der Seite Alice Weidels und Alexander Gaulands. Unumstritten ist auch Hampel nicht: Wegen Finanzmalversationen hat ein AfD-Vorstandskollege Klage gegen Hampel und seinen niedersächsischen Landesverband eingereicht.
Der bayerische AfD-Chef Petr Bystron, ein gebürtiger Tscheche, steht im Visier des Verfassungsschutzes, weil er mit den Identitären sympathisiert – eine Vorfeldorganisation der AfD, wie er meint.
„Schuldkult“ und „Mischvölker“
Nach dem Abgang Frauke Petrys ist Jens Maier, ein Dresdner Richter, auf den ersten Listenplatz in Sachsen aufgerückt. Maier machte als Verfechter Björn Höckes, des umstrittenen AfD-Chefs im Thüringen, von sich reden. So sprach er als Vorredner Höckes vom „Schuldkult“ der Deutschen – gemeint ist das Gedenken an die Nazi-Zeit und den Holocaust. Der Ausdruck „Mischvölker“ spiegelt seine völkische Einstellung wider, Muslime sind für ihn „Gesindel“. Und er fiel auch mit Lob für die NPD auf.
Wilhelm von Gottberg, ein 77-jähriger Expolizist, der nur durch eine parlamentarische Finte nicht Alterspräsident im Bundestag wird, hält die Massenvernichtung der europäischen Juden für einen Mythos und ein „wirksames Instrument zur Kriminalisierung der Deutschen“.
55 Prozent der AfD-Wähler finden, dass sich die Partei nicht ausreichend „von rechtsextremen Positionen distanziert“. Aber in ihrem Protest sahen sie darüber hinweg, dass sich AfD-Kandidaten im Wahlkampf in Verschwörungstheorien ergingen, völkische Parolen von sich gaben, in biologischem Rassismus verfielen oder sich als Revisionisten hervortaten. Es sind keine Einzelfälle. Die Rechtsausleger sind die stärkste Gruppe innerhalb der AfD-Fraktion: Rund die Hälfte gilt als Höcke-Anhänger. Peter Boehringer, Nummer zwei in Bayern, ist der festen Überzeugung, dass geheime, global operierende Eliten die Bundesregierung steuern. Das fügt sich in die Weltanschauung Alice Weidels, die als „Lille“ in Mails über die „Schweine“ in der Bundesregierung schäumte – „Marionetten der Siegermächte“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2017)