CDU/CSU: Merkels Intimus und Seehofers Dobermann im Gespann

Volker Kauder (68) Der Merkel-Vertraute bleibt nach zwölf Jahren weiter Fraktionschef der Union.
Volker Kauder (68) Der Merkel-Vertraute bleibt nach zwölf Jahren weiter Fraktionschef der Union.(c) Reuters
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Nach der SPD und den Liberalen bestellten CDU/CSU ihre Fraktionschefs. Die Kür Alexander Dobrindts ist eine Kampfansage.

Berlin. Rund um den Reichstag an der Spree herrschte zwei Tage nach der Wahl ein Gewusel, als sich die Fraktionen konstituierten. Die Abgeordneten waren nach dem Wahlkampf wieder nach Berlin zurückgekehrt, um sich personell neu aufzustellen. Selbst Horst Seehofer, der Oberboss der CSU, war eigens aus München angereist. Bayerns Ministerpräsident schwor seine Bundestagsgruppe auf einen schärferen Kurs ein. Am Wahlabend gab er die Devise aus, die „rechte Flanke“ zu schließen. „Wir haben verstanden“, so lautete seine Lektion nach der Denkzettelwahl im Freistaat.

Nach dem Wahldebakel für die CSU werde es kein „Weiter so“ geben, versprach er hoch und heilig. In der Schwesterpartei CDU indes verhallte der Ruf. Denn an der Fraktionsspitze gilt das Prinzip „Weiter so“ jedenfalls bis auf Weiteres. Volker Kauder, der langjährige Vertraute Angela Merkels, der mit ihr oft bereits am Sonntag im Kanzleramt die wichtigen Angelegenheiten der Arbeitswoche bespricht und die Abgeordneten auf Linie bringt, wird die disziplinierte CDU-Fraktion weiter anführen. Auch Kanzleramtsminister Peter Altmaier hat sich interessiert gezeigt. Doch Merkel braucht ihren Adlatus, einen Generalisten, als Regierungskoordinator.

Seit zwölf Jahren schon übt Kauder, ein konservativer Schwabe, die Funktion aus – eine Schlüsselposition in Merkels Machtgeflecht. Wolfgang Bosbach, der inzwischen ausgeschiedene, streitlustige Parlamentsveteran, beschrieb gestern im „Morgenmagazin“ ein System des vorauseilenden Gehorsams: Abgeordnete, die im kleinen Kreis gemurrt hätten, würden in der Fraktionssitzung plötzlich verstummen.

Ungemütliche Zeiten

In der Unionsfraktion brechen für Merkel dennoch ungemütliche Zeiten an. Bisher dämpfte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt die Kritik dem Süden. Kaum jemand in der CSU stand der Kanzlerin so nahe wie die 67-Jährige, die nun in Rente geht. Alexander Dobrindt, der streitbare, ehemalige CSU-Generalsekretär und Noch-Verkehrsminister, folgt ihr nun nach. Die Befehle empfängt er direkt aus dem Franz-Josef-Strauß-Haus, der Münchner Parteizentrale.

Alexander Dobrindt (47). Der Verkehrsminister wird als Erfüllungsgehilfe Seehofers Chef der CSU-Landesgruppe.
Alexander Dobrindt (47). Der Verkehrsminister wird als Erfüllungsgehilfe Seehofers Chef der CSU-Landesgruppe. (c) CDU

Seehofer wünscht, Dobrindt liefert: Das Lieblingsprojekt des CSU-Chefs, die Pkw-Maut, setzte der 47-Jährige gegen anfängliche Bedenken der EU-Kommission und unter dem Kopfschütteln aller anderen Parteien durch. Den Widerstand mancher Bundesländer gegen die Maut brach er in einer „langen Nacht der Drohungen“. Die schnellere Digitalisierung des Landes, ein Herzensanliegen von Grünen und FDP, verlor der Minister dabei aber aus den Augen. Und auch in der Diesel-Affäre machte er keine sonderlich gute Figur. Es roch nach Kungelei mit der Autoindustrie. Die Grünen sahen in ihm einen Gottseibeiuns, einen Intimfeind – den „schlechtesten Minister, den dieses Land je hatte“. Für eine Jamaika-Koalition wäre die Personalie ein negatives Vorzeichen.

Weitaus bessere Kontakte zum politischen Gegner bringt derweil Julia Klöckner ein. Die ambitionierte CDU-Vizechefin aus Rheinland-Pfalz ist als Generalsekretärin oder auch als Ministerin im Gespräch. Es wäre ein Signal an jüngere, weibliche Wähler. Finanzminister Wolfgang Schäuble gilt dagegen als Parteifavorit für das prestigeträchtige Amt des Bundestagspräsidenten. Als Elder Statesman und Respektsperson könnte der 75-Jährige die AfD-Abgeordneten zur Räson rufen. Denn im Bundestag wird fortan ein rauerer Ton herrschen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2017)

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