Brexit: Castingshow für Londoner EU-Agenturen

Grund für den Umzug ist der EU-Austritt Großbritanniens, der am 30. März 2019 vollzogen werden soll.
Grund für den Umzug ist der EU-Austritt Großbritanniens, der am 30. März 2019 vollzogen werden soll.(c) REUTERS (NEIL HALL)
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Zahlreiche Metropolen- darunter auch Wien- bewerben sich um die vom EU-Austritt Großbritanniens betroffenen Institutionen.

Brüssel. Nächste Runde in der großen Agentur-Castingshow: Die EU-Kommission hat am gestrigen Samstag ihre Bewertung der Angebote für die Übersiedlung der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) und der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) von London nach Kontinentaleuropa veröffentlicht. Grund für den Umzug ist der EU-Austritt Großbritanniens, der am 30. März 2019 vollzogen werden soll.

Wer sich von der Brüsseler Behörde ein konkretes Ranking der Offerte erwartet hatte, wurde allerdings enttäuscht: In den sechs Auswahlkriterien – räumliche Unterbringung, Verkehrsanbindung, Schulen, soziale Infrastruktur, Gewährleistung des reibungslosen Geschäftsbetriebs sowie Geografie – wurden die Angebote der Interessenten lediglich zusammengefasst, ohne Präferenzen auszudrücken. Diese Aufgabe fällt der Politik zu. Der Rat (das Gremium der EU-Mitglieder) wird voraussichtlich im November die Sieger küren.

Um EMA rittern 19 europäische Metropolen, bei EBA gibt es acht Interessenten. Wien hat sich in beiden Fällen als Standort beworben – mit Schwerpunkt auf der Arzneimittelagentur, für die drei potenzielle Standorte in der Bundeshauptstadt gefunden wurden. In der Kommissionsanalyse wurde allerdings das österreichische Angebot für die Unterbringung der Bankenaufsicht (mit Standort Linke Wienzeile 216) besonders positiv hervorgehoben. Aus dem Angebot geht nach Kommissionseinschätzung hervor, dass nur wenige Änderungen beim EBA-Personal zu erwarten wären „wegen der Attraktivität Wiens für ausgebildete Personen, internationale Organisationen und internationale Finanzorganisationen“. Eine ähnliche Feststellung fehlt bei der Bewertung des EMA-Angebots.

In Österreich ist derzeit eine EU-Agentur untergebracht – die Grundrechteagentur FRA. Mit der Slowakei, Rumänien, Bulgarien und Kroatien sind allerdings vier Mitgliedsstaaten im Rennen um die Arzneimittelagentur, die noch mit keiner einzigen EU-Institution bedacht wurden. Der politische Druck, die Mittelosteuropäer bei der Vergabe nicht zu übergehen, dürfte beträchtlich sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2017)

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