Iran: Revolutionsgarden im Visier der USA

Die iranische Führung bezeichnet die Revolutionsgarden als „Stolz der Nation“, Washington will die Elitetruppe als Terrororganisation brandmarken.
Die iranische Führung bezeichnet die Revolutionsgarden als „Stolz der Nation“, Washington will die Elitetruppe als Terrororganisation brandmarken. (c) REUTERS (STRINGER/IRAN)
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US-Präsident geht auf Konfrontationskurs mit der Islamischen Republik. Er will nicht nur das Atomabkommen aufkündigen, sondern auch die Revolutionsgarden als Terrorgruppe ächten.

Tunis. Noch hat Donald Trump nicht bekannt gegeben, was seiner Meinung nach aus dem Atomvertrag mit dem Iran werden soll. Trotzdem schlagen bereits die Wellen hoch zwischen Teheran und Washington – wenige Tage vor dem entscheidenden 15. Oktober, dem Datum der nächsten Zertifizierung durch das Weiße Haus.

Falls die Amerikaner so dumm sein sollten, die Revolutionären Garden wirklich zu einer Terrorgruppe zu deklarieren, „dann setzen wir die US-Armee im Nahen Osten auf eine Stufe mit dem Islamischen Staat“, drohte Garden-Kommandant Mohamed Ali Jafari, in dieser Frage ausnahmsweise mal einig mit der moderaten Regierung von Präsident Hassan Rohani. „Unsere Antwort wird hart, entschieden und vernichtend sein“, sekundierte das Teheraner Außenministerium.

Amtschef Mohammad Javad Zarif, der Mitarchitekt des Atomvertrags, nannte die Garden den „Stolz der Nation“. Sie hätten jahrzehntelang die Grenzen gesichert. Trump sollte „keinen strategischen Fehler“ machen, sonst werde der Iran konsequent antworten.

Seit der US-Präsident davon spricht, Iran verstoße gegen den Geist des Atomabkommen, und der Vertrag sei nicht im nationalen Interesse seines Landes, rücken vor allem das Treiben der Revolutionären Garden und der Ausbau ihres Raketenprogramms immer stärker in den Fokus der US-Führung. „Das iranische Regime unterstützt Terrorismus und exportiert Gewalt, Blutvergießen und Chaos im Mittleren Osten“, schäumte Donald Trump kürzlich auf einem Treffen mit hohen Generälen. „Daher müssen wir Irans fortgesetzte Aggressionen und nukleare Ambitionen beenden.“

Doch wie das konkret geschehen soll, dazu schweigt sich der Chef des Weißen Hauses bisher aus. Auf syrischem Boden könnten die Vereinigten Staaten die Hegemoniepläne Teherans nur durchkreuzen, wenn sie sich militärisch weitaus stärker als bisher engagierten. Das aber birgt das Risiko einer unkalkulierbaren Eskalation, bei der Washington fast unweigerlich in eine direkte Konfrontation mit Damaskus, Teheran und Moskau geraten könnte.

Irans Revolutionswächter wiederum gehören längst zu den etablierten Machtfaktoren der Region und werden sich durch die US-Terrorliste kaum beeindrucken lassen. Die 120.000 Aktiven in ihren oliv-grünen Uniformen verfügen mit Heer, Luftwaffe und Marine über eine komplette eigene Streitmacht – meist moderner bewaffnet, als das reguläre Militär. Daheim versteht sich diese Prätorianergarde des Obersten Revolutionsführers Ali Khamenei als das militärisch-ideologische Rückgrat der Islamischen Republik, steht kompromisslos hinter dem Regime und kontrolliert zentrale Schalthebel in Wirtschaft und Justiz.

Lukrative Staatsaufträge

Auch an dem internationalen Boykott verdienten die Pasdaran, wie sie im Volksmund heißen, durch Tarnfirmen und Schmuggelnetzwerke kräftig mit. Bei den lukrativen Staatsaufträgen besitzen ihre Industriekonzerne praktisch ein Monopol, was trotz der Lockerung der Sanktionen viele internationale Investoren abschreckt. Jenseits der Landesgrenzen operieren die Garden vor allem durch ihre 15.000 Mann starke Al-Quds-Brigade mit dem populären General Qassem Soleimani an der Spitze.

Diese Elitetruppe, die von den USA bereits 2007 als Terrororganisation eingestuft wurde, versteht sich als Kern einer künftigen pan-schiitischen und multinationalen Milizenarmee, die vom Iran, über Irak und Syrien bis in den Libanon reicht. Wie im Libanon die Hisbollah sollen sich diese Freiwilligenkorps künftig auch in Syrien und im Irak als permanente Gegenspieler von Staat und Armee etablieren und so den Einfluss der Islamischen Republik auf das Innenleben beider Nationen garantieren.

Für diese langfristige Dominanz in der arabischen Welt ist Teheran bereit, einen hohen Preis zu zahlen. Mehr als 2000 iranische Soldaten sind bisher im syrischen Bürgerkrieg gefallen, die Hälfte von ihnen gehörte den Revolutionären Garden an. Erst kürzlich trugen abertausende Menschen in Teheran einen 25-jährigen Gardisten zu Grabe, der vom „Islamischen Staat“ gefangen und vor laufender Kamera geköpft worden war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2017)

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