Trump nennt Iran-Pakt den "schlechtesten Deal"

Donald Trump
Donald TrumpAPA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI
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Bis Sonntag muss sich der Präsident zum Iran-Atomdeal äußern. Er wird wohl Teheran schwere Verletzungen vorwerfen. Sofortige Sanktionen will der Präsident aber vermeiden.

Washington. Ein miserabler Deal und peinlich für die USA: Präsident Donald Trump macht kein Hehl aus seiner Ablehnung des Atomabkommens mit dem Iran. Jetzt will Trump dem Iran offiziell Vertragsverletzungen vorwerfen und damit möglicherweise den US-Ausstieg aus dem Pakt einleiten. Alle Augen richten sich auf den Kongress in Washington, der wahrscheinlich schon bald über das Schicksal des Abkommens entscheiden muss.

Nun hat US-Präsident Donald Trump den Vertrag erneut scharf verurteilt. Im TV-Sender Fox News sprach er am Mittwoch (Ortszeit) vom "schlechtesten Deal" und fügte hinzu: "Wir haben nichts bekommen."

Die Vorgängerregierung von Präsident Barack Obama habe das Abkommen "aus Schwäche" geschlossen, obwohl die USA eigentlich über "große Stärke" verfügten. "Wir werden sehr bald sehen, was passieren wird", fügte Trump hinzu.

Die Europäer befürchten, dass zusätzlich zum Streit mit Nordkorea eine neue Nukleareskalation in Gang kommen könnte. Die britische Premierministerin, Theresa May, rief Trump an und bat ihn, den Atomdeal nicht aufzukündigen. Mays Sorgen sind berechtigt. Der US-Präsident hält nicht viel von Verhandlungen mit Regimen, die trotz internationalen Drucks nach Atomwaffen streben. Gegen Nordkorea etwa „wird nur eine Sache funktionieren“, schrieb er auf Twitter – offenbar eine Anspielung auf eine militärische Konfrontation.

Bis Sonntag muss die Trump-Regierung dem Kongress einen Bericht zur Frage vorlegen, ob der Iran sich an den 2015 geschlossenen Vertrag hält, der die Entwicklung einer Atombombe verhindern soll. Vorher will Trump in einer Grundsatzrede die Eckpunkte seiner Iran-Politik darlegen. Die meisten Experten und die UNO bescheinigen den Iranern vertragstreues Verhalten, doch laut Trump hat die Vereinbarung weder das aggressive Verhalten des Iran in Nahost noch iranische Raketentests unterbunden. In seiner Rede könnte er die iranischen Revolutionsgarden zur Terrororganisation erklären.

Schlüsselrolle für Bob Corker

Trump will erreichen, dass die Vereinbarung um zusätzliche Auflagen erweitert wird und dass zeitliche Begrenzungen der UN-Inspektionen im Iran gestrichen werden. Dies lehnt Teheran ab. Im Wahlkampf hatte Trump versprochen, den Iran-Pakt aufzukündigen, doch laut Medien will er von sich aus keine neuen Sanktionen fordern. Wenn er auf diese Weise dem Kongress eine negative Bewertung des iranischen Verhaltens übermittelt, setzt er ein Zeichen, schiebt aber die Verantwortung für das weitere Vorgehen dem Kongress zu. Sollte Trump dem Iran offiziell die Vertragsverletzung vorwerfen, muss der US-Kongress innerhalb von zwei Monaten über die Wiedereinführung von Sanktionen entscheiden. Hier setzen Bemühungen der Europäer an, die den Vertrag erhalten wollen. Sie suchen das Gespräch mit einflussreichen Republikanern, die im Senat eine Mehrheit von nur zwei Stimmen haben: Schon wenige Senatoren könnten neue Sanktionen und damit einen Kollaps der Vereinbarung verhindern, da die Demokraten für den Fortbestand des Vertrages sind.

Eine Schlüsselrolle könnte der Chef des Auswärtigen Senatsausschusses, der Republikaner Bob Corker, spielen. Er hatte sich zuletzt einen öffentlichen Streit mit Trump geliefert, dem er die Befähigung für das Präsidentenamt abspricht.

Zusätzlichen Rückenwind erhalten Deutsche, Franzosen und Briten durch die Tatsache, dass wichtige Mitglieder der Trump-Regierung ebenfalls vor einem Ende des Atomdeals warnen. Pentagon-Chef James Mattis betonte, die Vereinbarung mit dem Iran liege im US-Interesse. Auch Außenminister Rex Tillerson und Generalstabschef Joe Dunford sind überzeugt, dass sich die USA selbst isolieren, wenn sie sich gegen die EU-Verbündeten stellen. Die Meinung von Mattis, Tillerson und Dunford könnte den einen oder anderen Senator nachdenklich machen. Doch wie so häufig in der Trump-Regierung ist unklar, ob die Unterstützer des Vertrags beim Präsidenten Gehör finden: „Voraussagen sind schwierig“, sagte Nahost-Experte David Mednicoff von der Universität Massachusetts. Es gebe viele Politiker, die den Iran-Deal erhalten wollten, weil er funktioniere, und weil er durch den Abbau der Sanktionen auch US-Firmen neue Möglichkeiten im Iran eröffnet habe. Doch Trump liebe es, seinem Bauchgefühl zu folgen.

Glaubwürdigkeitsverlust droht

Dieses Bauchgefühl könnte zur Folge haben, dass weltweit die Zweifel an der US-Verlässlichkeit wachsen. Pacta sunt servanda, lautet ein Prinzip der internationalen Politik: Verträge sind einzuhalten. Wenn Trump die Vereinbarung zerstöre, komme bei vielen Regierungen die Frage auf, ob sie der Supermacht noch trauen können, kommentierte die „New York Times“. Sollte Washington neue Sanktionen verhängen, dürften Iraner, Europäer, Russen, Chinesen ohnedies weitermachen wie bisher – Washington bliebe unberücksichtigt, der Iran hätte die westlichen Alliierten entzweit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2017)

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