Jamaika-Koalition: Merkel steht vor schwierigen Verhandlungen

APA/dpa/Michael Kappeler
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Bevor am Mittwoch die Sondierungsgespräche für eine Bündnis zwischen CSU, Grünen und FDP beginnen, wird gewarnt: Es würden zähe Gespräche werden.

Dreieinhalb Wochen nach der Bundestagswahl hat in Berlin die Sondierung für eine sogenannte Jamaika-Koalition begonnen. Zunächst kamen am Mittwoch Politiker von Union und FDP zusammen, um die Chancen für ein Bündnis gemeinsam mit den Grünen auszuloten. Der Runde in der Parlamentarischen Gesellschaft gegenüber dem Berliner Reichstag sollte sich am Nachmittag ein Treffen von Union und Grünen anschließen. Politiker der beteiligten Parteien warnten erneut, der Weg zu einem Jamaika-Bündnis werde lang und beschwerlich. CSU-Chef Horst Seehofer sagte, man könne vor den Verhandlungen keine Prognose abgeben. Die Gespräche von vier Parteien erforderten "große Konzentration und Anstrengungen", um gute Ergebnisse zu erzielen.

Für Donnerstag ist ein Gespräch von FDP und Grünen geplant. Am Freitag wollen dann alle vier Parteien das erste Mal in großer Runde zusammentreffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits angekündigt, dass die Sondierungen mehrere Wochen dauern dürften. Auch ein Scheitern wird nicht ausgeschlossen, da es zwischen den Parteien teils große inhaltliche Differenzen gibt. Als größte Knackpunkte gelten die Flüchtlings- und Asylpolitik sowie die Energie- und Klimapolitik.

"Wir wissen um unsere Verantwortung", sagte Seehofer. Was die CSU betreffe, so sei für sie ein Regelwerk bei der Migration wichtig, insbesondere zur Begrenzung der Zuwanderung. Auf die Frage, was er von der Forderung von FDP-Chef Christian Lindner halte, dass die Union das Finanzministerium nicht bekommen sollte, sagte Seehofer: "Ich hab in der Politik schon viele rote Linien erlebt, die dann eingerollt wurden, wenn es konkret wird."

Union: Schwierigste Regierungsbildung in Geschichte

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte, am Ende sei eine Koalition immer ein "Gesamtkunstwerk". CDU-Vize Volker Bouffier sagte der Funke-Mediengruppe, er rechne mit der schwierigsten Regierungsbildung in der Geschichte der Bundesrepublik.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte vor Gesprächsbeginn: "Wenn man auf die Reise nach Jamaika geht, dann weiß man, da kann man auch in stürmische See kommen." Er nehme aber zu Kenntnis, dass sich alle Beteiligten am Riemen rissen und die Vorbemerkungen zumindest nicht provozierend gewesen seien. Er sehe mehr Gemeinsamkeiten von CDU und CSU mit der FDP als mit den Grünen. Von daher werde es darauf ankommen, welche Signale die Grünen beim ersten Gespräch gäben. Am Dienstagabend hatte sich Seehofer mit Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt getroffen, die das Grünen-Verhandlungsteam leiten.

Grüne pochen auf Politikwechsel

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte dem Sender n-tv, für seine Partei sei etwa der Kohleausstieg von großer Bedeutung. Außerdem wollten die Grünen den Familiennachzug aus Integrations- und humanen Gründen. Ziel müsse eine gute Regierung sein, damit es nicht wieder vier Jahre eine "Stillstands-Koalition" gebe.

Auch FDP-Generalsekretärin Nicola Beer pochte auf einen Politikwechsel. "Wir wollen nicht nur gelbe Schleife auf einer Weiter-so-Politik sein", sagte sie dem NDR. Die Chancen auf eine Einigung sehe sie bei 50 zu 50. Bei den Verhandlungen gehe "Gründlichkeit vor Schnelligkeit". Im Bayerischen Rundfunk pochte Beer zugleich auf eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Insgesamt müssten die Menschen finanziell entlastet werden.

Die deutsche Wirtschaft forderte von der nächsten Bundesregierung mehr Investitionen in die Zukunft Deutschlands und Entlastungen für die Unternehmen. "Gefragt ist Mut statt Verzagtheit", erklärte der Präsident des Industrieverbands BDI, Dieter Kempf.

(APA/Reuters)

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