Gegenwind für Viktor Orbán

Victor Orbán.
Victor Orbán.(c) REUTERS (LASZLO BALOGH)
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Momentum-Partei darf Volksbefragung initiieren gegen das umstrittene neue NGO-Gesetz. So hatte die Bewegung bereits Budapests Olympia-Bewerbung gestoppt.

Budapest. Anfang dieses Jahres brach sich eine neue Kraft Bahn auf Ungarns politischer Bühne. Momentum, damals noch eine Bewegung, inzwischen aber eine Partei, initiierte eine Volksbefragung gegen Budapests Olympia-Bewerbung für 2024. Das traf einen Nerv. Der Zuspruch war so überwältigend, dass die Olympia-Bewerbung rasch zurückgezogen wurde, um das Referendum und eine potenzielle Schlappe für Premier Viktor Orbán zu verhindern.

Seither hatte die neue Partei jedoch kein ähnlich erfolgreiches Thema mehr finden können. Anträge auf weitere Plebiszite, etwa um die Amtszeit des Ministerpräsidenten auf zwei Legislaturperioden zu begrenzen, wurden von der Wahlkommission abgelehnt. Ein Versuch, eine Volksbefragung gegen das umstrittene neue NGO-Gesetz zu starten, scheiterte ebenfalls vor der Wahlbehörde. Jetzt aber hat die „Kurie“, das Oberste Gericht, diesen Antrag überraschend für rechtens erklärt. Erstmals seit der „No Olympia“-Kampagne darf Momentum damit versuchen, einen Volksentscheid herbeizuführen über ein brisantes Thema. Und das ausgerechnet vor der Parlamentswahl im Frühjahr 2018.

Brüssel leitete Verfahren ein

Das auch in Brüssel heftig kritisierte Gesetz verpflichtet zivilgesellschaftliche Organisationen, die (auch) aus dem Ausland finanziert werden, dies auf ihren Veröffentlichungen sichtbar zu machen: „Aus dem Ausland finanziert“, muss überall stehen. Kritiker sehen das als Versuch, solche Organisationen zu brandmarken. Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Momentum, eine ausdrücklich EU-freundliche Partei, die vor allem bei jungen, gebildeten Menschen in Budapest Unterstützung findet, will in den nächsten Tagen beginnen, die erforderlichen 200.000 Unterschriften zu sammeln. Sie hat dafür 120 Tage Zeit. Danach bleiben den Behörden zwei Monate, die Unterschriften zu prüfen. Danach muss der Staatspräsident innerhalb von 50 Tagen ein Datum festlegen.

Vor den Wahlen wird daraus also wahrscheinlich nichts. Und ob Momentum einen ähnlich spektakulären Erfolg erringen kann wie mit der Anti-Olympia-Kampagne, ist mehr als fraglich.

Die Mehrheit der Bürger ist bei dem Thema entweder desinteressiert oder empfänglich für die Regierungspropaganda, wonach US-Milliardär George Soros über von ihm finanzierte NGOs die Politik beeinflussen will. Im Grunde hilft Momentum mit dieser Kampagne ungewollt der Regierung: Das Thema passt wunderbar in die Anti-Soros-Rhetorik von Orbán. Der geht wohl davon aus, dass das Referendum scheitern wird.

Für Momentum ergeben sich aber auch Vorteile. Die Partei tritt im Frühjahr zum ersten Mal bei Wahlen an und will unbedingt ins Parlament. Da ist es wichtig, die eigene Basis zu mobilisieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2017)

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