Chiles Ex-Präsident Piñera ebnet den Weg für sein Comeback

Muss nun in die Stichwahl: Chiles Ex-Präsident Sebastián Piñera.
Muss nun in die Stichwahl: Chiles Ex-Präsident Sebastián Piñera.(c) REUTERS (CARLOS GARCIA RAWLINS)
  • Drucken

Er hat zwar schwächer abgeschnitten als erwartet, dennoch liegt Sebastián Piñera bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Führung. In die Stichwahl schaffte es auch der Sozialist Alejandro Guillier. Die Wahlbeteiligung war gering, beide Kandidaten müssen Nichtwähler mobilisieren.

Buenos Aires/Santiago de Chile. Am Ende blieb Sebastián Piñera nichts anderes übrig als zu feiern. „Heute Abend haben wir ein großartiges Resultat erreicht, und vor allem haben wir Türen geöffnet, die uns zu noch besseren Zeiten führen werden“, rief der Mitte-Rechts-Kandidat seinen Anhängern entgegen.

Doch sein Publikum, das drei wenig vergnügte Stunden warten musste, hatte Mühe, dem Dauerlächeln seines Anführers zu folgen. Denn dieser hatte bei der chilenischen Präsidentschaftswahl weitaus schwächer abgeschnitten, als es sämtliche Demoskopen vorausgesagt haben. Mit 36 Prozent der Stimmen lag der Ex-Unternehmer etwa neun Prozent hinter den Erwartungen.

Dass Piñera dieses Resultat als Triumph verkaufen konnte, liegt am Abstand zu seinen Kontrahenten. Als zweiter kam der Sozialist Alejandro Guillier auf etwa 22 Prozent. Nur knapp dahinter lag mit 20,3 Prozent die neu formierte linke „breite Front“. Diese linke Gruppierung war von den Umfrageinstituten mit lediglich acht Prozent geführt worden. Darum warf die Spitzenkandidatin, Beatriz Sánchez, den Demoskopen vorsätzliche Falschinformation zugunsten der etablierten Parteien vor.

Während zwei weitere Kandidaten jeweils sechs Prozent erreichten, kam am extrem rechten Rand des Spektrums José Antonio Kast, ein Anhänger des Militärdiktators Augusto Pinochet, überraschend auf acht Prozent der Wählerstimmen. Die akzentuierten Erfolge am linken und rechten Rand dürften eine Folge der sehr niedrigen Wahlbeteiligung gewesen sein. Weniger als die Hälfte der Stimmberechtigten machte von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Vor allem in den ärmeren Gegenden lag die Beteiligung bei 30 Prozent, während in Mittelklassevierteln etwa 80 Prozent der Bürger ihre Stimme abgaben.

Finanzelite hinter Piñera

Vor der Stichwahl am 17. Dezember werden nun sowohl Piñera als auch Guillier versuchen, bisherige Nichtwähler zu mobilisieren. Und beide werden um die Stimmen der ausgeschiedenen Kandidaten kämpfen. Auf den ersten Blick könnte es schwer werden für Piñera. Der Ex-Präsident, den alle Welt 2010 bei der erfolgreichen Rettungsaktion der 33 eingeschlossenen Bergleute kennenlernte, muss ebenso um Ultrakonservative wie auch Wähler in der Mitte werben.

Allerdings hat Piñera, selbst Mitglied jener exklusiven Oberschicht des Landes, die allgemein als „die 20 Familien“ bezeichnet wird, die volle Unterstützung der Wirtschafts- und Finanzeliten.

Der vormalige Journalist Guillier dürfte es trotz der numerischen Überlegenheit linker Kandidaten nicht leicht haben, das ganze linke Spektrum hinter sich zu bekommen. Im Bündnis „Concertación“ hatten gemäßigte Mehrheiten links der Mitte 20 Jahre nach dem Ende der Militärdiktatur regiert und das Land auf einen stabilen Wachstumskurs gebracht.

Doch nach seiner Wiederkehr an die Macht 2015 herrschte mehr Zwiespalt als Eintracht in der Koalition unter Michelle Bachelet. Guillier muss nun die zerstrittenen Ex-Verbündeten ebenso in eine Anti-Piñera-Front bringen wie die „breite Front“, die sich justament formiert hatte, weil sie sich von der traditionellen Linken nicht repräsentiert fühlte.

Bei den ebenfalls abgehaltenen Parlamentswahlen konnte sich Piñeras Bündnis „Chile Vamos“ 46 Prozent der Sitze holen, die Parteien des bisher regierenden Linksbündnisses erreichten 37 Prozent, und die „breite Front“ kam auf 14 Prozent. Ein neuer Präsident wird sich im Parlament Zustimmung bei der Opposition holen müssen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Pinera siegt über gespaltene Linke in Chile

"Fühle mich verpflichtet, Präsident der Einheit zu sein", erklärt der frischgewählte Sebastian Pinera.
Außenpolitik

Chile: Konservativer Pinera geht mit klarer Mehrheit in Stichwahl

Der Ex-Präsident verfehlte die absolute Mehrheit mit 36.6 Prozent. Er muss sich im Dezember dem Sozialisten Guillier in einer Stichwahl stellen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.