Palästinenser: "Trump erklärt den Krieg im Nahen Osten"

APA/AFP/MUSA AL SHAER
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Ein palästinensischer Vertreter reagiert harsch auf die Entscheidung des US-Präsidenten, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegen zu wollen. Israels Premier Netanjahu spricht hingegen von einem "einmaligen Bündnis mit den USA".

Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA käme einer Kriegserklärung gleich, sagte der palästinensische Vertreter in Großbritannien am Mittwoch. "Das ist der Todeskuss für die Zweistaatenlösung", sagte Manuel Hassassian der BBC. US-Präsident Donald Trump "erklärt den Krieg im Nahen Osten, er erklärt Krieg gegen 1,5 Milliarden Muslime und Hunderte Millionen Christen, die nicht akzeptieren werden, dass die heiligen Stätten völlig unter israelischer Hegemonie sind", betonte Hassassian.

Ein Sprecher der bisher im Gazastreifen herrschenden Hamas forderte am Mittwoch eine Mobilisierung der Palästinenser, "um alle Pläne zur Zerstörung der palästinensischen Sache zunichtezumachen". Der geplante Schritt Trumps "stellt eine schamlose Attacke auf palästinensische, arabische und islamische Rechte in Jerusalem dar", betonte der Sprecher weiter.

Mit Ausnahme Israels kamen aus dem Rest der Welt jedoch durchwegs sehr kritische bis verständnislose Reaktionen. Viele Anrainer in Nahost, aber auch Länder wie Deutschland oder Frankreich verwiesen auf das gewaltige Eskalationspotenzial nach Trumps Entscheidung. Das Vorhaben des US-Präsidenten sei das Vorzeichen eines Krieges, meinte etwa der Iran. Die USA wollten einen Krieg im Nahen Osten starten, um die Sicherheit des "zionistischen Regimes" zu sichern, meinte der Oberste Führer der Islamischen Republik, Ayatollah Ali Khamenei, am Mittwoch auf seiner Internetseite.

Die Türkei drohte Israel mit einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. "Jerusalem als Hauptstadt anzuerkennen, missachte die Geschichte und die Situation in der Region, twitterte der stellvertretende Ministerpräsident Bekir Bozdag am Mittwoch. Die Entscheidung "fache in der Region und in der Welt ein Feuer an, dessen Ende nicht in Sicht ist."

Trump will seine Basis begeistern

Trump will in einer Rede am Mittwochabend Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen. Zugleich wird der Präsident nach Angaben aus Regierungskreisen den Umzug der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem auf den Weg bringen. Israel hatte den Ostteil der Stadt 1967 erobert und betrachtet ihn seit der Annexion 1980 als "ewige und ungeteilte Hauptstadt". Dies wird von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt. Die diplomatischen Vertretungen der meisten Länder befinden sich daher in der Küstenmetropole Tel Aviv.

Angesichts der Tragweite ist nicht ganz klar, was Trump mit diesem Schritt bezwecken will. Auf jeden Fall löst er damit ein Wahlversprechen ein. Auch wird Trump damit neuerlich seine Basis begeistern. Auf der anderen Seite nehmen die USA nun eine schwere Eskalation in Nahost wenigstens billigend in Kauf. Trump verprellt eminent wichtige US-Partner nicht nur in der arabischen Welt. Von praktisch allein Seiten wird die Anerkennung Jerusalems mit einem Ende des Friedensprozesses gleichgesetzt. Das ist ein sehr hoher Preis. Mit Spannung wird daher die Rede Trumps am Abend erwartet.

Deutschland warnt vor Ausschreitungen

Die deutsche Regierung warnte vor Ausschreitungen in Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen. Von diesem Mittwoch an könne es in diesen Gebieten zu Demonstrationen kommen, heißt es in den am Dienstag aktualisierten Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes.

Auch das österreichische Außenministerium verweist allgemein auf die angespannte Sicherheitslage. "Größere Menschenansammlungen sowie öffentliche Verkehrsmittel, einschließlich deren Stationsbereiche stellen nicht nur in Jerusalem, sondern in ganz Israel bevorzugte Attentatsziele und generell Bereiche mit erhöhter Gefährdung dar. Derartige Bereiche sollten daher möglichst gemieden werden", hieß es. Dies gelte auch für Gebiete ohne eigene gute Ortskenntnis.

(APA/Reuters)

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