Tomio Okamuro: Der tschechische Ausländerfeind aus Japan

Tomio Okamura hat die extrem rechte EU-Fraktion zu einer Konferenz nach Prag geladen.
Tomio Okamura hat die extrem rechte EU-Fraktion zu einer Konferenz nach Prag geladen. (c) REUTERS (STRINGER)
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Der Rechtsextremist Tomio Okamuro hat sich ins tschechische Machtzentrum katapultiert. Von ihm hängt ab, ob Premier Babiš eine Mehrheit hat.

Prag. Tomio Okamura schwebt derzeit auf Wolke sieben. Der 45-jährige Tschechojapaner mit seiner rechtsextremen Partei der Freiheit und der direkten Demokratie (SPD) zieht derzeit uneingeschränkt die Aufmerksamkeit der Medien in seinem Land auf sich. Am Samstag wird zudem auch Europa auf ihn schauen. Da ist Okamura Gastgeber für ein Treffen der rechten EU-Fraktion Europa der Nationen. Marine Le Pen aus Frankreich hat sich angesagt, wie Geert Wilders aus den Niederlanden und andere rechtspopulistische Größen. Spitzenvertreter der FPÖ blieben fern, sie nehmen in Wien an einer Sitzung der Bundesparteileitung teil, um die Koalition mit der ÖVP abzusegnen.

Am vergangenen Wochenende schon konnte sich Okamura höchster Wertschätzung erfreuen: Da war der einst sozialdemokratische Staatspräsident Miloš Zeman als Ehrengast zu einem Parteitag der Rechtsextremen gekommen, um diese ausgiebig zu loben: „Ich stimme in fast allen Punkten inhaltlich mit Ihnen überein!“, rief er den Delegierten unter Beifallsstürmen zu.

Brüder im Geiste sind Zeman und Okamura vor allem in der Migrationsfrage. „Kein Fußbreit tschechischen Territoriums für islamische Flüchtlinge“, lautet beider Credo. Okamura will gleich den ganzen „Islam verbieten“. Er schlug auch schon einmal vor, „Schweine vor die Moscheen zu treiben“.

Rastlos und omnipräsent

Zemans Auftritt bei der Okamura-Partei war berechnend: Will der Präsident im Jänner die Direktwahl für eine zweite fünfjährige Amtszeit gewinnen, braucht er Stimmen vom rechten Rand. Im Gegenzug hätte Zeman kein Problem, eine Regierung unter direkter oder indirekter Beteiligung der Okamura-Leute (und den einzigen ungewendeten Kommunisten des früheren Ostblocks) zu ernennen. Dass der Tschechojapaner bei der Duldung einer Minderheitsregierung von Premier Andrej Babiš im Parlament Zünglein an der Waage sein könnte, verdankt er einem ausgezeichneten Ergebnis bei den jüngsten Wahlen. Mehr als eine halbe Million Tschechen, zehn Prozent, stimmten für ihn.

Dieser Erfolg hat viel mit der Rastlosigkeit und mit der Omnipräsenz Okamuras zu tun. Schon um neun Uhr setzt er regelmäßig seine erste Nachricht auf Facebook ab. Nicht einfach ein paar Zeilen mit Smileys. Nein, Okamura war da schon im Studio, um mehr als 270.000 „Freunden“ seine Welt im Videoformat vor einer Leinwand mit dem Parteilogo zu erklären.

Der Sohn einer Tschechin und eines Japaners hat zunächst nur die ersten sechs Lebensjahre in seinem Geburtsland verbracht. Danach zog er mit seiner Mutter in die Tschechoslowakei, lebte ein paar Jahre auch in einem Kinderheim, wo er gemobbt wurde, was dazu führte, dass er bis zu seinem 22. Lebensjahr stotterte. Nach der Matura und einem Chemiestudium kehrte er nach Japan zurück, wo er sich jedoch als Müllmann und Popcornverkäufer in einem Kino durchschlagen musste. Da er sich auch in seinem Geburtsland diskriminiert fühlte und keine Karrierechancen sah, siedelte er wieder nach Prag um. Dort wurde er beim Verband der Reisebüros Vizepräsident und Sprecher, der im Fernsehen kluge Sätze sagte. Etwa solche: „Wir müssen mehr Ausländer anlocken. Aber dafür müssen wir im Tourismus sehr viel besser werden.“

Er selbst bevorzugte ebenfalls gezielt Ausländer bei Einstellungen in seinem Reisebüro und seinen Restaurants. In seinem Buch „Der tschechische Traum“ nannte er einen Grund dafür: „Ausländer arbeiten meiner Meinung nach besser als Tschechen.“ Heute gehört Okamura zu den wohlhabenden Tschechen, ist Euromillionär. Nur mit den Ausländern – konkret mit den muslimischen – hat er es nicht mehr so.

Ein Herz für Rentner

Jetzt stehen bei ihm die Einheimischen im Mittelpunkt. Den älteren Tschechen versprach er vor den Wahlen eine exorbitante Rentenerhöhung, die realitätsbezogene Politiker anderer Parteien „hirnrissig“ nannten, weil es dafür kein Geld gebe. Diese Ankündigung aber und seine unverblümte Fremdenfeindlichkeit, die sich zudem auch noch mit dem offenen Hass auf die Roma-Minderheit in Tschechien paart, haben Okamura einen Erdrutschsieg beschert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2017)

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