Migranten-Schmuggel per Flugzeug aus der Ukraine nach Ungarn

An-2 "Colt" mit Schneekufen in Russland
An-2 "Colt" mit Schneekufen in RusslandSergey Ryabtsev (www.airliners.net)
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Eine Antonow An-2 drang mit elf Insassen aus Afghanistan und Vietnam in niedriger Höhe illegal in den ungarischen Luftraum ein und musste notlanden. Dabei wurde sie beobachtet, die Polizei nahm die Migranten fest. Der Pilot ist flüchtig.

Gerüchte, manche Migranten könnten auch diesen Weg nehmen, um illegal in die EU einzudringen, hatte es schon länger gegeben, aber wer davon sprach, wurde in der Regel ausgelacht. Spätestens jetzt liegt aber der Beweis vor: In Ungarn ist vor Tagen ein Schmuggel von Migranten per Kleinflugzeug aufgedeckt worden. Die Maschine vom Typ Antonow An-2 aus der Ukraine landete laut Medienberichten am Donnerstag mit acht Vietnamesen und drei Afghanen an Bord bei Kállósemjén auf einem Feld und blieb im Schlamm stecken. Das Flugzeug wurde dabei zufällig von einem Polizisten außer Dienst beobachtet, der alarmierte die Polizei.

Der Pilot soll von den Insassen je 3000 bis 4000 Euro kassiert haben. Der Schlepper ist flüchtig, die fliegenden Migranten wurden von der Polizei im Kirchengarten von Kállósemjén gefasst. Ein Mann suchte um Asyl an, die anderen wurden ausgewiesen und den ukrainischen Behörden übergeben.

Bewohnern der Gegend seien die ungewöhnlichen Flüge schon früher aufgefallen, hieß es. Doch sie hätten "an nichts Schlimmes gedacht", besagen Medienberichte, oder seien der Meinung gewesen, Flugzeuge könnten ohnehin nicht unerkannt fliegen. Dass aber Drohnen für Schmuggelzwecke benutzt werden, etwa mit Zigaretten als Ware, war bekannt. Nicht bekannt indes war, dass offenbar auch ortsansässige Ungarn am Menschenschmuggel verdienten, indem sie als Chauffeure beim Weitertransport der Migranten Richtung Westen mitwirken.

Mehr als 53 Kilometer in Luftraum eingedrungen

Die Polizei beschlagnahmte das Flugzeug. Die Opposition kritisierte das Verteidigungsministerium, da die Maschine ungestört nach Ungarn fliegen konnte. Dabei ist die relativ große Eindringtiefe in den ungarischen Luftraum auffällig: Kállósemjén ist nicht etwa bloß ein paar Kilometer, sondern mindestens 53 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.

Das dürfte der An-2 deshalb gelungen sein (und womöglich anderen Flugzeugen dieser Art immer noch), weil sie, ein Doppeldecker, für besonders langsamen Flug und niedrige Flughöhen (Baumwipfelhöhe) konstruiert ist, zudem kommt sie mit sehr kurzen Start- und Landestrecken (weniger als etwa 170 bis 220 Meter) aus und kann auf unbefestigten Böden, etwa Wiesen, starten und landen.

Die An-2 (Nato-Code: "Colt") wird bereits seit 1947 in enorm großer Stückzahl gebaut (mehr als 18.000). Ihre Höchstgeschwindigkeit beträgt nur etwa 250 km/h, die geringst mögliche Fluggeschwindigkeit liegt bei etwas mehr als 50 km/h, ihre Reichweite bei gut 850 Kilometern. Sie kann rund zwei Tonnen an Masse bzw. zehn bis zwölf Passagiere befördern. Ihre Verwendungszwecke sind vielfältig, etwa für Transporte, Seeüberwachung, als Sprühflugzeug in der Landwirtschaft, Feuerlöschflieger, Minenleger, für Luftbildaufnahmen oder das Absetzen von Fallschirmspringern.

Laut einer Aussendung des ungarischen Verteidigungsministeriums sei das Flugzeug allerdings durchaus noch über der Ukraine im Radar erschienen. Dann sei es aber verschwunden. Wieso man deswegen nichts getan habe (es könnte abgestürzt sein) ließen die Berichte der ungarischen Medien offen.

(APA/wg)

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