SPD-Spitze nach Auftakt von "GroKo"-Werbetour zuversichtlich

Olof Scholz und Andrea Nahles bei der ersten SPD-Regionalkonferenz in Hamburg.
Olof Scholz und Andrea Nahles bei der ersten SPD-Regionalkonferenz in Hamburg.APA/dpa/Axel Heimken
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Die designierte SPD-Chefin Nahles bilanziert die erste Regionalkonferenz in Hamburg positiv: Der Koalitionsvertrag habe sehr große Unterstützung gefunden. Doch es gab auch Kritik.

Zuversicht bei der SPD-Spitze nach dem Auftakt der Werbetour für die "GroKo": Die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles zeigte sich am Samstag nach der ersten Regionalkonferenz in Hamburg "sehr optimistisch". "Wir hatten insgesamt das Gefühl gehabt, dass der Koalitionsvertrag, so wie wir ihn ausgehandelt haben, auch sehr große Unterstützung gefunden hat", sagte sie vor Journalisten.

Bei den Mitgliedern fielen die Reaktionen allerdings gemischt aus. Nahles räumte ein, dass auch Kritik geäußert worden sei, und zwar "insgesamt an den letzten Wochen, wie wir rübergekommen sind". Außerdem gebe es bei einigen die grundsätzliche Sorge dahingehend, "dass die SPD in der Regierung nicht wieder an Profil verliert".

Nahles zufolge stießen einige Themen auf besonders breite Unterstützung: "Die Erfolge bei der sachgrundlosen Befristung, bei der Rente, Investitionen in Schule und Bildung". Auch die ausgehandelten Punkte zur Pflege seien positiv bewertet worden. Das Bedürfnis der Mitglieder zu reden sei "enorm", fügte sie hinzu.

Sieben Konferenzen für ein "Ja"

Die Parteispitze will insgesamt sieben Regionalkonferenzen besuchen, um mit Mitgliedern zu sprechen. Diese müssen den Koalitionsvertrag nämlich in einer Urabstimmung annehmen, damit die Sozialdemokraten in die Regierung eintreten können. Thema ist bei den Treffen aber auch die Lage der SPD, die von internen Personaldebatten zerrissen wird und in den Umfragen von einem historischen Tief zum nächsten rutscht.

Der kommissarische Parteivorsitzende Olaf Scholz sagte nach der nicht-öffentlichen Konferenz in Hamburg, man könne den Eindruck mitnehmen, "dass die allermeisten finden, dass es ein sehr guter Koalitionsvertrag ist, der sehr viele Chancen für unser Land mit sich bringt".

Pragmatische SPD-Mitglieder

Den Eindruck der Parteispitze bestätigen viele Teilnehmer der Regionalkonferenz. Die 56-jährige Dörte Bechstedt etwa befand: "Es gab einen großen Gedankenaustausch, man konnte ins Gespräch kommen." Sie befürwortete die "GroKo" schon vorher, auch wenn sich nicht alle SPD-Anliegen im Koalitionsvertrag wiederfänden. "Man muss aber auch verstehen: 100 Prozent sozialdemokratische Politik zu erreichen ist mit 20 Prozent bei der Bundestagswahl ein bisschen schwierig", sagte die Lehrerin.

Auch die 57-jährige Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Güngör Yilmaz lobte die Veranstaltung und zeigte sich in der "GroKo"-Frage pragmatisch. "Wir brauchen eine Regierung, davor kann man sich nicht drücken", sagte sie. "Ich weiß nicht, wer mit welcher Begründung sagen kann, wir wollen nicht. Denn: Wir müssen, ob wir wollen oder nicht."

Die Jungen bleiben skeptisch

Das 28-jährige Juso-Mitglied Katharina Wilken sagte, das Veranstaltungsformat gefalle zwar auch ihr, konkrete Antworten habe die Parteispitze aber nicht geliefert. "Ich bin immer noch nicht überzeugt von der Großen Koalition", sagte sie. "Ich glaube nicht, dass das für die SPD gut ist; ich glaube auch nicht, dass das für das Land gut ist." Der Koalitionsvertrag sehe etwa zu wenig Punkte zur Umverteilung vor.

Nahles, Scholz und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil reisten im Anschluss zur zweiten Regionalkonferenz nach Hannover. Neben den sieben großen Konferenzen mit der Parteispitze, die bis zum 25. Februar angesetzt sind, findet eine Vielzahl "regionaler Dialogveranstaltungen" mit führenden SPD-Politikern statt.

Bis zum 2. März können die mehr als 460.000 SPD-Mitglieder per Brief entscheiden, ob sie den Koalitionsvertrag von Union und SPD befürworten. Das Ergebnis des Votums soll am 4. März vorliegen.

(APA/AFP)

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