Mindestens 57 Tote bei verheerendem IS-Anschlag in Kabul

(c) REUTERS (MOHAMMAD ISMAIL)
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Ein Selbstmordattentat in einem Zentrum zur Wählerregistrierung verletzte mehr als 100 Menschen.

Beim schwersten Anschlag der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Afghanistan in diesem Jahr sind in der Hauptstadt Kabul am Sonntag mindestens 57 Menschen getötet worden. Unter den Toten seien auch 21 Frauen und fünf Kinder, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Mindestens 119 Menschen seien verletzt worden, als eine Bombe an einer Ausgabestelle für Personaldokumente explodierte.

Die sunnitische Terrormiliz bekannte sich über das IS-Sprachrohr Amaq zu dem Anschlag. Der afghanische Präsident Ashraf Ghani verurteilte den Angriff auf Twitter als "abscheulich".

Am 20. Oktober sollen in Afghanistan ein neues Parlament und neue Provinzräte gewählt werden. In dem Ausgabezentrum, vor dem die Bombe detonierte, können Bürger Ausweise beantragen, die sie für die Teilnahme an den Wahlen benötigen, erklärte der Sprecher des Innenministeriums.

Wahlen als Schlüssel für die Demokratie

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verurteilte den verheerenden Selbstmordanschlag. "Die anstehenden Wahlen in Afghanistan sind ein Schlüssel für die Demokratie in Afghanistan", teilte Mogherini in Brüssel mit. "Solche Angriffe werden die Demokratie in Afghanistan nicht daran hindern, sich zu entfalten."

Die afghanische Regierung hatte landesweit Ausgabezentren errichtet, um die Wählerbeteiligung zu erhöhen. Die Ausweise sind Voraussetzung für die Stimmabgabe. Die lange überfällige Wahl sollte eigentlich im Juli stattfinden, wurde aber wegen der Sicherheitslage in dem kriegszerrissenen Land verschoben. Die Präsidentenwahl ist für April 2019 geplant.

Der mit einer Sprengstoffweste ausgestattete Angreifer kam nach Angaben des Innenministeriums zu Fuß zu der Ausweißstelle in einem schiitischen Stadtteil im Westen der afghanischen Hauptstadt. Er habe die Bombe vor dem Zentrum gezündet.

Die Terrormiliz IS war in Afghanistan erst Anfang 2015 aufgetaucht und will dort sowie auf pakistanischem Gebiet eine Provinz namens "IS-Khorasan" etablieren. Die afghanische Regierung und die USA haben die Extremisten von Anfang an intensiv bekämpft.

15 Prozent des Landes unter der Kontrolle

Regelmäßig wird der IS in Afghanistan für so gut wie geschlagen erklärt. Trotzdem gelang es der sunnitischen Terrormiliz, Attentate - auf Schiiten, aber auch Regierungseinrichtungen - vor allem in der Hauptstadt auszuweiten. Im März etwa reklamierte der IS einen Selbstmordanschlag nahe einer Moschee in Kabul mit mindestens 26 Toten für sich.

Ein Taliban-Sprecher hatte am Sonntag via Twitter erklärt, seine radikalislamische Gruppe stehe nicht hinter dem Anschlag. Die Taliban sind mit Abstand die größte Aufständischen-Gruppe in Afghanistan und kontrollieren derzeit knapp 15 Prozent des Landes. Sie lehnen die afghanische Regierung und Wahlen ab.

Große Sicherheitsbedenken für Wahl

Die Sicherheitsbedenken für die Wählerregistrierung und die Wahlen sind groß. Nach Angaben des Chefs der unabhängigen Wahlbeobachtungsorganisation "Freies und Faires Wahlforum" (FEFA), Yousef Rashid, könnten mehr als 40 Prozent aller Wahllokale für Wähler unzugänglich sein. Nach FEFA-Angaben liegen von rund 7400 Wahllokalen 948 in Gegenden, die von den Taliban kontrolliert werden.

In der afghanischen Provinz Baghlan wurden am Sonntag bei der Explosion einer am Straßenrand deponierten Bombe mindestens fünf Menschen getötet und vier weitere verletzt, wie ein Sprecher der örtlichen Polizei mitteilte. Der Vorfall habe sich unweit eines Zentrums zur Wählerregistrierung außerhalb der Provinzhauptstadt Pul-e Khomri ereignet. Zunächst bekannte sich niemand zu dem Anschlag.

In Kabul kam es am Sonntag nach einem tödlichen Unfall mit einem Kind zu Protesten vor der US-Botschaft und der NATO-Mission Resolute Support (RS), wie ein örtlicher Polizeisprecher mitteilte. Das Kind war von einem NATO-Konvoi erfasst worden und später in einer Klinik seinen Verletzungen erlegen, teilte ein NATO-Sprecher mit. Bei den darauffolgenden Protesten gab die Polizei Medienberichten zufolge Warnschüsse ab.

(APA/dpa)

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