Katalonien: Puigdemont stellt sich nicht der Wiederwahl

Puigdemont
Puigdemont APA/dpa-Zentralbild/Britta Pedersen
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Nach sieben Monaten zeichnet sich ein Ende der Regierungskrise in Katalonien ab: Puigdemont verzichtet auf das Amt des Regionalpräsidenten.

Der ehemalige katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont macht den Weg zur Bildung einer Regierung in der spanischen Region frei. Er schlug am Donnerstag den Abgeordneten Quim Torra als Kandidaten für den Spitzenposten vor. Damit könne unmittelbar eine neue Regierung gebildet werden, erklärte Puigdemont am Donnerstag auf Youtube in einem in Deutschland aufgezeichneten Video.

Der Anwalt und Journalist Torra muss noch eine Vertrauensabstimmung im katalanischen Regionalparlament bestehen. Mit dem Verzicht Puigdemonts auf das Amt deutet sich nach sieben Monaten ein Ende der Regierungskrise in Katalonien ab. Das Regionalparlament muss bis zum 22. Mai einen Regierungschef wählen, um Neuwahlen zu vermeiden.

Vier gescheiterte Versuche

Torra hat mehrere Bücher über die Geschichte Kataloniens verfasst. Er war zudem in Gruppierungen aktiv, die sich für eine Unabhängigkeit der wohlhabenden Region einsetzen. Seit der Wahl im Dezember waren vier Versuche zur Bildung einer Regierung in Katalonien gescheitert. Neuwahlen wollen viele Befürworter einer Unabhängigkeit von Spanien aus Furcht vor einem Verlust ihrer Mehrheit im Parlament vermeiden. Die Wahl des Separatistenführers Puigdemonts war zuletzt am Mittwoch von einem Gericht gestoppt worden.

Puigdemont floh nach der Ausrufung der Unabhängigkeit im Oktober vor den Ermittlungen der spanischen Justiz nach Belgien. In Deutschland wurde er vor Ostern auf der Durchreise festgenommen und in Neumünster inhaftiert. Anfang April kam er gegen Auflagen aus dem Gefängnis. Die spanischen Behörden legen Puigdemont zur Last, mit einem Referendum über die Abspaltung Kataloniens gegen die Verfassung verstoßen zu haben. Zudem soll er für die Volksabstimmung mehr als eineinhalb Millionen Euro veruntreut haben. Auch zahlreiche andere Anführer der Unabhängigkeitsbefürworter sitzen seither im Gefängnis oder sind wie Puigdemont im Exil. Madrid wirft ihnen "Rebellion" vor und will sie verurteilt sehen.

Neuling in der Politik

Der 55-jährige Torra ist der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung stark verbunden. Anders als Puigdemont und andere Führungsfiguren der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung ist der Verleger aber ganz neu in der Politik. Torra kann im Prinzip mit einer Mehrheit im katalanischen Parlament rechnen, da er von Puigdemonts Mitte-rechts-Bündnis Junts per Catalunya (JxCat/Zusammen für Katalonien) und der anderen großen Unabhängigkeitspartei Republikanische Linke (ERC) unterstützt wird. Seine Wahl könnte Anfang nächster Woche erfolgen. Derzeit steht die Region im Nordosten Spaniens wegen der Unabhängigkeitserklärung des katalanischen Regionalparlaments weiter unter der Zwangsverwaltung der spanischen Zentralregierung.

Bei der von Madrid angesetzten katalanischen Parlamentswahl im Dezember hatte das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter aber seine absolute Mehrheit verteidigt. Seither gelang es ihm allerdings nicht, einen Regionalpräsidenten zu wählen. So verbot das spanische Verfassungsgericht im Jänner die Wiederwahl Puigdemonts in Abwesenheit. Zuletzt hatte das spanische Verfassungsgericht am Mittwoch einen Antrag der Zentralregierung zur Entscheidung angenommen, ein vergangene Woche vom katalanischen Parlament verabschiedetes Gesetz aufzuheben. Dieses sollte die Ernennung des derzeit in Berlin lebenden Puigdemont in dessen Abwesenheit ermöglichen.

Puigdemont, der zunächst ins Exil nach Belgien gegangen war, war am 25. März kurz nach seiner Einreise aus Dänemark auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls aus Spanien in Deutschland festgenommen worden. Er hatte das katalanische Unabhängigkeitsreferendum im Oktober organisiert, obwohl die Abstimmung von der spanischen Justiz verboten worden war. Die deutsche Justiz lehnte aber seine Auslieferung nach Spanien wegen des Vorwurfs der "Rebellion" ab. Derzeit wird noch darüber befunden, ob Puigdemont wegen eines weiteren Vorwurfs - es geht um "Untreue" im Zusammenhang mit dem Referendum - an Spanien ausgeliefert wird.

In seiner Video-Botschaft sagte Puigdemont nun, "die Intoleranz und der mangelnde Respekt" der Zentralregierung gegenüber dem Willen der katalanischen Bürger sei deutlich geworden. Er rief die nächste Regionalregierung auf, ein unabhängiges Land zu schaffen.

(APA/AFP/Reuters)

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