Mord an Mädchen in Deutschland: Verdächtiger im Irak gefasst

APA/AFP/dpa/BORIS ROESSLER
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Der irakische Migrant Ali B. (20), der die 14-jährige Susanna in Hessen vergewaltigt und getötet haben soll, wurde von kurdischen Sicherheitskräften gefasst. Er und seine Familie waren zuvor aus Deutschland geflohen. Der "Fall Susanna" wird zum Politikum.

Im Fall der Ermordung der 14-jährigen deutschen Schülerin Susanna aus Mainz, die vor zwei Wochen entführt worden war und deren Leiche man am Mittwoch in einem Erdloch bei der nahen Stadt Wiesbaden gefunden hatte, ist der Tatverdächtige offenbar festgenommen worden - und zwar in den frühen Morgenstunden des Freitags von kurdischen Sicherheitskräften im Nordirak.

Bei dem Verdächtigen handelt es sich um einen 20-jährigen Iraker namens Ali B., der mit seiner Familie als angeblicher Flüchtling nach Deutschland gekommen war. Innenminister Horst Seehofer sagte am Freitag, B. habe samt seiner Familie vermutlich vorige Woche überhastet das Land verlassen, und zwar über den Flughafen Düsseldorf in die Türkei. Man habe ihn aufgrund eines Hinweises in Verdacht gehabt und unter anderem die kurdischen Behörden bzw. Autoritäten informiert und gebeten, ihn festzunehmen, sollten sie ihn fassen, da seine Flucht in den Irak vermutet worden sei. Laut Staatsanwaltschaft war die Familie tatsächlich weiter nach Erbil im Nordirak gerereist.

Ein 35-jähriger Türke, der zwischenzeitlich als Verdächtiger gegolten hatte, ist unterdessen freigelassen worden.

Verdächtiger war schon im Visier der Justiz

B. war bereits mehrfach in seinem Gastland Deutschland polizeilich aufgefallen und unter anderem mit der Vergewaltigung eines Kindes in Verbindung gebracht worden. Zudem liefen Ermittlungen wegen Raubes gegen ihn.

Die Schülerin Susanna war nach Angaben der Ermittler durch eine "Gewalteinwirkung" auf den Hals zu Tode gekommen, sie wurde erdrosselt oder erwürgt. Zudem fanden sich klare Hinweise auf eine Vergewaltigung. Die Polizei nimmt an, das Mädchen sei ermordet worden, um die Vergewaltigung zu vertuschen.

Der entscheidende Hinweis auf den mutmaßlichen Täter war von einem 13-Jährigen gekommen, der in der selben Flüchtlingsunterkunft in Mainz wie Ali B. wohnte.

Ausreise mit amtlichen deutschen "Notpapieren"

Wieso die irakische Migrantenfamilie überhaupt einfach so über einen Flughafen wieder aus Deutschland habe ausreisen können, erklärte die Bundespolizei so: Die Menschen hätten sogenannte Laissez-passer-Papiere ("Lass sie passieren") gehabt, die von der EU oder Deutschland in bestimmten Fällen als provisorische Dokumente ausgestellt werden können, sollte jemand keinen gültigen Reisepass besitzen. "Die vorgelegten Dokumente waren echt, gültig und berechtigten zur Ausreise." B. sei zum Zeitpunkt des Abflugs von Düsseldorf auch noch nicht zur Fahndung ausgeschrieben gewesen.

Auf den Flugtickets nutzten der 20-Jährige und seine Verwandten nach bisherigen Ermittlungen allerdings interessanterweise andere Namen als auf ihren offiziellen deutschen Dokumenten. Bei der grenzpolizeilichen Ausreisekontrolle sei indes ein Abgleich von Flugticket und Pass nicht vorgesehen, so die Bundespolizei. Im Rahmen der Luftsicherheitskontrolle sei ein derartiger Abgleich ebenfalls "derzeit rechtlich nicht möglich".

"Opfer der Willkommenspolitik Merkels"

Der Mordfall wurde mittlerweile zu einem Politikum: AfD-Fraktionschefin Alice Weidel forderte per Twitter den Rücktritt der Bundesregierung: Susannas Tod sei "kein blinder Schicksalsschlag", sondern: "Susanna ist ein weiteres Opfer der heuchlerischen und egoistischen Willkommenspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel."

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte der "Bild"-Zeitung: "Der oder die Täter müssen mit der ganzen Härte des Rechtsstaats bestraft werden. Niemand sollte sich aber anmaßen, den Tod dieses Mädchens zu missbrauchen, um Hass zu säen."

FDP-Chef Christian Lindner sagte ebenfalls in der Bild, dass das Verbrechen Fragen aufwerfe. "Wieso werden abgelehnte Asylbewerber nicht konsequenter zurückgeführt? Warum konnte der Täter samt Familie offenbar unter falschem Namen ausreisen?" SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider forderte, man möge klären, wie der Tatverdächtige entkommen konnte - und wie er möglichst schnell in Deutschland vor Gericht gestellt werden könne.

CDU-Innenpolitiker Armin Schuster meinte: "Man fragt sich, warum der Tatverdächtige, nachdem er bereits derart gewalttätig polizeilich in Erscheinung getreten war, nicht längst in Untersuchungshaft war?"

Neuordnung der Migrationspolitik gefordert

Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) forderte eine "Neuaufstellung der Einwanderungspolitik" und dazu einen Migrationsgipfel von Bund, Ländern und Gemeinden - "damit all die Dinge, die eigentlich zwischen den vernünftigen Parteien Konsens sind, jetzt auch schnell in Gesetze umgesetzt werden": Etwa, Asyl- und Abschiebeverfahren zu beschleunigen und sie Liste sicherer Herkunftsländer auszuweiten. Innenminister Seehofer (CSU) sei für einen solchen Gipfel sehr offen.

Im Fall der ermordeten Susanna sei der eigentliche Skandal nicht, dass der mutmaßliche Täter ein Flüchtling gewesen sei, sondern jemand, der straffällig gewesen sei, sagte Stamp. "Und wir müssen natürlich sehen, dass diejenigen, die straffällig sind, auch ganz anders geahndet werden und dann auch tatsächlich des Landes verwiesen werden."

(APA)

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