Kiska fordert Überprüfung der Ermittlungen nach Journalistenmord

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Das Verbrechen habe die Gesellschaft der Slowakei erschüttert, die Öffentlichkeit wolle wissen, warum die zuständige Staatsanwaltschaft "in der entscheidenden Phase" gezögert habe, internationale Ermittlungshilfe anzunehmen.

Der slowakische Präsident Andrej Kiska hat am Mittwoch eine Überprüfung der Polizeiermittlungen nach dem Journalistenmord von Ende Februar gefordert. Der Investigativreporter Jan Kuciak und seine Verlobte wurden vor nahezu vier Monaten erschossen aufgefunden, die Täter seien aber bis heute unbekannt, beklagte der Staatschef im alljährigen Bericht zur Lage der Nation im Parlament in Bratislava.

Das Innenministerium müsse mit der Veröffentlichung einer entsprechenden Analyse Zweifel an der Polizeiarbeit zerstreuen, so der Präsident. Das Verbrechen habe die Gesellschaft der Slowakei erschüttert, die Öffentlichkeit wolle wissen, warum die zuständige Staatsanwaltschaft "in der entscheidenden Phase" gezögert habe, internationale Ermittlungshilfe anzunehmen, oder warum Personen Zugang zur Ermittlungsakte gehabt hätten, über die Kuciak recherchiert hätte.

Der Mord am Investigativjournalisten habe ähnliche Auswirkungen gezeitigt wie einst Ereignisse der düsteren Meciar-Ära, wie die Entführung des Präsidentensohnes Michal Kovac Jr. nach Österreich, meinte Kiska. Es sei die Reaktion der Machthaber gewesen, die grundsätzlich und dauerhaft das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat zerstört hätte.

Glaube an Gerechtigkeit lasse sich auch ohne Machtmissbrauch zerstören

Den Glauben an die Gerechtigkeit könnten Politiker aber auch ohne Machtmissbrauch zerstören. Durch "Arroganz, dem Gefühl uneingeschränkter Macht, und der Illusion, wer Wahlen gewinnt, dem gehört der Staat", warnte Kiska in Anspielung auf die von den Sozialdemokraten geführte Regierung in der Slowakei. Der langjährige Ministerpräsident Robert Fico war zwei Wochen nach dem Journalistenmord zurückgetreten, bleibt aber weiterhin Vorsitzender der stärksten Regierungspartei Smer (Richtung).

Man müsse auch damit aufhören, mit scheinbaren Gefahren wie Migration von wirklichen Problemen abzulenken, forderte der Präsident. Die Polizei müsse organisierte Kriminalität und Extremismus endlich bekämpfen, anstatt schwere und für den Staat kostspielige Verbrechen "der oberen 10.000" nur aus weiter Entfernung zu beobachten.

Letzte Rede von Kiska

Es war die letzte Rede von Kiska im Parlament vor Auslaufen seiner Amtszeit im Frühjahr nächsten Jahres. Erst kürzlich hatte er bekanntgegeben, er wolle sich nicht um eine zweite Amtszeit bemühen.

Der Auftritt des Präsidenten wurde gleich zu Beginn unerwartet unterbrochen, was es in der Geschichte des slowakischen Nationalrats noch nie gegeben hat. Nachdem Parlamentarier der rechtsextremen Volkspartei "Unsere Slowakei" (LSNS) von Marian Kotleba den Staatschef als "Landesverräter" beschimpften, musste Parlamentspräsident Andrej Danko die Präsidenten-Rede unterbrechen, um sie aus dem Saal zu weisen.

(APA/AFP)

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