Spanien: Zeichen der Entspannung in Katalonien-Krise

Die Bilder vom Treffen zwischen Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez und Kataloniens Separatistenführer Quim Torra könnten das Ende einer längeren politischen Eiszeit signalisieren.
Die Bilder vom Treffen zwischen Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez und Kataloniens Separatistenführer Quim Torra könnten das Ende einer längeren politischen Eiszeit signalisieren.(c) REUTERS (JUAN MEDINA)
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Ende der Eiszeit zwischen Barcelona und Madrid: Der neue sozialistische Regierungschef Sánchez empfing den separatistischen Katalanen-Premier Torra. Madrid will Gespräche mit Barcelona über mehr Autonomie führen.

Madrid. Händeschütteln, Schulterklopfen. Die Bilder vom Treffen zwischen Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez und Kataloniens Separatistenführer Quim Torra könnten das Ende einer längeren politischen Eiszeit signalisieren. Nach zwei Jahren Funkstille scheinen sich die Beziehungen zwischen der katalanischen Regionalregierung und Madrid wieder langsam zu normalisieren. Man sei entschlossen, „erste Schritte“ für eine Annäherung zu machen, schrieb Sánchez auf Twitter.

Man spricht wieder miteinander. Allein das ist schon ein Erfolg. Sánchez, der seit Anfang Juni im Amt ist, machte jedoch klar, dass auch seine sozialistische Regierung eine Abspaltung Kataloniens nicht erlauben werde. Er verwies – wie schon die frühere konservative Regierung – darauf, dass die Verfassung die Abtrennung eines Territoriums nicht zulasse. Eine Unabhängigkeit Kataloniens, eine von Spaniens wirtschaftsstärksten Regionen, sei nicht verhandelbar.

Der Ministerpräsident Kataloniens, Quim Torra, schrieb seinerseits vor dem Treffen auf Twitter, er sei „bereit, einem Lösungsvorschlag zuzuhören“. Torra ließ aber zugleich keinen Zweifel daran, dass für ihn nur eine Lösung in Frage komme: ein eigener katalanischer Staat. Torra ist seit Mai im Amt und gilt wie sein Amtsvorgänger Carles Puigdemont als eiserner Verfechter einer unabhängigen katalanischen Republik. Puigdemont, dem Spaniens Justiz diverse Rechtsbrüche vorwirft, wartet derzeit in Deutschland auf eine Entscheidung über seine Auslieferung an Spanien.

Trotz dieser klar abgesteckten Fronten bewegt sich etwas. Spaniens Regierung sandte vertrauensbildende Signale aus: Sie machte den Weg frei, dass die acht separatistischen Politiker, die seit Monaten in Madrid in U-Haft saßen, in Gefängnisse in ihrer katalanischen Heimat verlegt werden konnten – eine wichtige humanitäre Geste. Gegen diese Separatisten wird wie gegen Puigdemont ermittelt, weil sie auf illegale Weise die Unabhängigkeit Kataloniens vorangetrieben haben sollen.

Ende der Finanzkontrolle

Zuvor hatte Sánchez bereits angeordnet, dass die Finanzkontrolle Kataloniens durch Madrid aufgehoben wird. Damit hatte Madrid verhindern wollen, dass die Separatisten staatliche Gelder für ungesetzliche Schritte Richtung Unabhängigkeit ausgeben. Weitere Zugeständnisse sind denkbar, etwa zusätzliche staatliche Investitionen in Katalonien. Sánchez: „Spaniens Regierung ist zum Dialog bereit.“ Schnelle Lösungen seien jedoch nicht zu erwarten, politische Veränderungen bräuchten Zeit. Der Plan des Premiers ist, den Konflikt mit dem Aushandeln einer größeren regionalen Autonomie zu entschärfen. Dieser Ausweg stößt laut einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage von El Periódico, Kataloniens zweitgrößter Zeitung, bei einer großen Mehrheit der 7,5 Millionen Katalanen auf Sympathie.

Im Herbst vergangenen Jahres hatte die frühere katalanische Separatistenregierung von Carles Puigdemont ein illegales Unabhängigkeitsreferendum organisiert und im Widerspruch zur spanischen Verfassung konkrete Schritte Richtung Abspaltung eingeleitet. Daraufhin setzte Madrid die Puigdemont-Regierung ab und löste das Regionalparlament auf.

Auch die Neuwahl im Dezember brachte jedoch keine Änderung der politischen Machtverhältnisse in Katalonien: Die Separatistenfront bekam 47,5 Prozent der Stimmen und eroberte damit wieder die absolute Mehrheit der Mandate im Parlament.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2018)

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