Die bizarre Trump & Putin-Show

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In Helsinki kamen die Präsidenten der USA und Russlands zu ihrem ersten bilateralen Treffen zusammen. Atmosphärisch lief es ganz nach Wunsch.

Eineinhalb Jahre hatten die beiden Führer auf diesen Gipfel gewartet – und dann begann er passenderweise mit rund einstündiger Verspätung. Wladimir Putin, notorisch unpünktlich, war mit Verzug in Helsinki eingetroffen. Als Gastgeber des Fußball-WM-Finales in Moskau war der russische Präsident tags zuvor ein viel beschäftigter Mann gewesen. Staats- und Regierungschefs, von Emmanuel Macron abwärts, hatten ihm am Sonntag die Honneurs gemacht: Fußballdiplomatie à la Putin.
Nach ihrem ersten von mehreren Handschlägen nutzte Donald Trump sogleich die Gelegenheit, Putin zur Ausrichtung des größtes Sportereignisses der Welt zu gratulieren. Derlei Komplimente sind nicht alltäglich für den US-Präsidenten, insbesondere nicht im Austausch mit Alliierten, wie Angela Merkel, Theresa May oder Justin Trudeau wissen.

Trump wertet Putin auf

Putin hielt sich derweil im finnischen Präsidentenpalast nicht lange mit Höflichkeiten auf. „Es ist Zeit, über unsere Beziehungen zu sprechen“, sagte er in geschäftsmäßigen Ton. Tatsächlich haben seit ihren letzten ausführlichen Gesprächen beim G20-Gipfel in Hamburg die Konfliktthemen an Brisanz gewonnen: von den Vorwürfen um die so genannte Russland-Connection des Trump-Teams und der Anklage gegen zwölf russische Agenten in der Cyber-Affäre über die Vergiftung des Ex-Doppelagenten Sergej Skripal und dessen Tochter in Großbritannien bis zu Implikationen des Syrien-Kriegs.

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Es gab also viel zu besprechen zwischen den Präsidenten der beiden mächtigsten Atomnationen, wie Trump anfangs hervorhob. Auch das musste Wladimir Putin schmeicheln, den Barack Obama noch als Chef einer Regionalmacht abqualifiziert hatte. Trump wertete Putin auf, und der Kreml hatte das Treffen im Vorfeld gar zum „wichtigsten internationalen Ereignis des Sommers“ stilisiert. Zugleich hatten beide Seiten die Erwartungen an den Ausgang heruntergeschraubt. Klare Lösungen waren nirgendwo in Sicht – nicht in der Geheimdienstaffäre und nicht im Syrien-Krieg und der Verwicklung des von den USA als Pariastaat punzierten Iran. Es ging in erster Linie um eine atmosphärische Verbesserung, und die verlief auch ganz nach Wunsch.
Die Weltöffentlichkeit hatte ihr Auge auf Helsinki gerichtet – wie schon mehrmals in der Geschichte, wenn es sich um die Beziehungen zwischen Washington und Moskau drehte. Nie zuvor sei das Verhältnis schlechter gewesen, twitterte der US-Präsident. Und er wies die Schuld dafür nicht etwa Russland und seinem Staatschef zu, sondern seinen Vorgängern im Weißen Haus, ihrer „Dummheit“, den „Fake-News“-Medien und ihrer „manipulierten Hexenjagd“.

Der russische Präsident war noch nicht einmal nach Helsinki aufgebrochen, da begann für Donald Trump schon sein Tagesritual: Er feuerte Twittersalve und Twittersalve ab. Mal lobte er sich für sein Verhandlungsgeschick beim Nato-Gipfel, als er die Verbündeten mit seinen Tiraden gehörig unter Druck setzte. Mal tobte er gegen Obama.

Unter Erwartungsdruck

Der US-Präsident stand indessen selbst unter hohem Erwartungsdruck. Als angeblicher Dealmaker musste er dem Verhandlungsprofi Putin Paroli bieten. Würde sich Trump vom Kreml-Chef um den Preis einer symbolischen Geste über den Tisch ziehen lassen?, fragte sich die politische Elite in Washington. Vor allem das zweistündige Vieraugengespräch nur unter Beisein von Dolmetschern sorgte für erhebliche Irritationen. Für das Delegationsgespräch hatte Trump danach seine Berater zur Hand: Außenminister Mike Pompeo, Sicherheitsberater John Bolton, Stabschef John Kelly und Jon Huntsman, US-Botschafter in Moskau.

APA/AFP/Sputnik/ALEKSEY NIKOLSKY

Die westlichen Verbündeten und die baltischen Nachbarn blickten mit Bangen nach Helsinki. Würde der Schutzherr der westlichen Militärallianz Russland Konzessionen zugestehen – etwa durch den Stopp der Nato-Manöver in der Ostsee, die Moskau als Drohkulisse betrachtet?
Kreml-Sprecher Dimitri Peskow charakterisierte die Beziehung zwischen den Präsidenten so: „Sie achten einander, sie können ziemlich gut miteinander.“ Die Einschätzung manifestierte sich anschließend bei der Pressekonferenz. Beide bewerteten das Treffen – wenig überraschend – als Erfolg. Russland fühlt sich auf ganzer Linie bestätigt. „Besser als super“, lobte Außenminister Lawrow.

Kein Wort der Kritik an Moskau

„Der Kalte Krieg ist lange vorbei“, sagte Putin, der angesichts globaler Probleme die Kooperation betonte. Ein Anfang sei jetzt gemacht. Gerade in Syrien könnten Russland und die USA ein Exempel statuieren. Im Gegenzug forderte er seinen US-Widerpart zu Druck auf die Ukraine auf. Er schlug konkrete Punkte für Zusammenarbeit vor.
Rundweg dementierte Putin die Verwicklung des russischen Geheimdiensts in die US-Wahl 2016, was Trump Munition gab für eine Breitseite gegen seine US-Gegner. Ein Zeichen der Schwäche, wie selbst Republikaner fanden. Der schwer kranke Senator John McCain, der Trump eindringlich gewarnt hatte, nannte das Treffen einen „tragischen Fehler“ und einen Tiefpunkt. Dass der US-Präsident kein Wort der Kritik an Russland übte, löste in den USA einen Sturm der Entrüstung über Trumps bizarre Show aus.

„Alles wird gut“, lautete indes die Devise Trumps bereits nach dem Arbeitsfrühstück mit Finnlands Präsidenten Saul Niinistö. Am Ende hatte Putin noch ein Geschenk für den US-Präsidenten parat: den WM-Ball. Er spielte den Ball symbolisch weiter an die USA – als Organisator der Fußball-WM 2026 und als Partner in der Weltpolitik.

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