Merkels sommerliche Routine im Erklären der Welt

German Chancellor Angela Merkel holds the annual summer news conference in Berlin
German Chancellor Angela Merkel holds the annual summer news conference in Berlin(c) REUTERS (FABRIZIO BENSCH)
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Merkel gibt bei der Sommer-Pressekonferenz den gewohnt unaufgeregten Anti-Trump in allen Dingen. Die Beziehungen zu den USA seien wesentlich, im Unionsstreit und generell bemängelt sie eine "Erosion der Sprache".

Spätestens wenn die deutsche Bundeskanzlerin zur Pressekonferenz im Juli lädt - der 13. ihrer Kanzlerschaft -, bricht in der deutschen Politik normalerweise so etwas wie Sommerpause aus. Der politische Frühling hatte es in sich, dementsprechend große Themen gibt es für Angela Merkel (CDU) zu kommentieren: von der Unionskrise wegen des Masterplans Migration von Innenminister Horst Seehofer (CSU) über die Diesel-Krise bis hin zu den großen Streits mit US-Präsident Donald Trump und die Weltpolitik im Allgemeinen. Allzu ruhig dürfte auch der Sommer nicht werden für Merkel.

Am Ende der Pressekonferenz wurde sie gefragt, ob sie lieber mit Trump, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin oder Seehofer in Urlaub fahren würde. Die Kanzlerin lächelte nur mitleidig. "Die Frage für meinen Urlaub stellt sich für mich nicht. Urlaub ist Urlaub."

Hier ein nach Themen geordneter Überblick über die Äußerung von Merkel bei der großen Sommer-Pressekonferenz:

Unionskrise

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den harten Ton in dem unionsinternen Streit um die Flüchtlingspolitik kritisiert. Sie befürworte ganz klar, dass Meinungsverschiedenheiten ausgetragen werden, sagte Merkel am Freitag bei ihrer traditionellen Sommer-Pressekonferenz in Berlin. Die "Tonalität" des Konflikts sei aber teilweise "sehr schroff" gewesen.

Sie messe der Sprache eine "große Bedeutung" zu und sie werde sich immer wieder gegen "bestimmte Erosionen der Sprache" wenden, hob die CDU-Vorsitzende hervor. Denn Sprache sei ein "Ausdruck von Denken", deswegen "muss man sehr vorsichtig sein". Insofern sei die Form, in der die Auseinandersetzung geführt worden sei, "sicherlich noch verbesserungsfähig".

Der CSU-Vorsitzende und Innenminister Seehofer hatte die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der deutschen Grenze gefordert, im Zweifel auch im nationalen Alleingang. Da Merkel dies ablehnte, entwickelte sich ein heftiger Streit in der Union, der von Seiten Seehofers und seiner Partei in teilweise ungewöhnlich hartem Ton geführt wurde.

EU-Außengrenzen / Asylpolitik

Der EU-Außengrenzschutz sei zwar wichtig, aber sie habe die Sorge, dass er einseitig verstanden werde, erklärte Merkel. "Ich glaube nach meiner persönlichen politischen Erfahrung, dass wir dies nur im Miteinander mit den Herkunftsländern tun können."

Prototypisch sei hierfür das EU-Türkei-Abkommen gewesen, das man nur habe verhandeln können, weil man mit der Türkei gesprochen habe. "Deshalb muss man jetzt selbstverständlich auch mit den betroffenen afrikanischen Ländern sprechen und nicht nur über diese Länder sprechen. Dieser Aspekt kommt mir im Moment manchmal zu kurz." Aber Deutschland sei ja weiter in die Arbeit der Kommission und die Arbeit der österreichischen Präsidentschaft mit eingebunden.

Derzeit stehe der EU-Außengrenzschutz im Zentrum, was wohl sehr wichtig sei. Aber auch die Verteilung in Europa sei wichtig. Man sehe an Italien, dass die Frage der Lasten- und Aufgabenteilung keine Aufgabe für einzelne Mitgliedsstaaten, sondern eine Herausforderung für alle sei. "Die Frage der Verteilung und der Solidarität unter den Mitgliedsstaaten ist viel besser zu lösen, wenn ich im Außengrenzschutz Erfolge verzeichnen kann. Außerdem sei es auch für die Flüchtlinge gut, weil nicht mehr so viele ertrinken würden." Merkel betonte, Außengrenzschutz sei auch Entwicklungspolitik. "Ich glaube, die EU-Präsidentschaft muss sich und wird sich mit allen Fragen beschäftigen."

Beziehungen zu den USA/Trump

Ungeachtet der zunehmenden Abgrenzung von US-Präsident Donald Trump hat sich Merkel zur transatlantischen Partnerschaft bekannt. Die Zusammenarbeit mit den USA sei weiter "zentral für uns", sagte Merkel am Freitag auf ihrer Sommer-Pressekonferenz in Berlin. "Ich werde sie auch weiter pflegen."

Trump hatte während seiner Europareise in der vergangenen Woche die Nato infrage gestellt und die Europäische Union als Gegner bezeichnet. Außerdem ist er aus internationalen Vereinbarungen wie dem Pariser UN-Klimaabkommen und dem Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe ausgestiegen.

Über das Treffen von Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin hatte Merkel freundliche Worte über: "Ich finde, dass es wieder zur Normalität werden muss, dass russische und amerikanische Präsidenten sich treffen", so Merkel.  "Immer wenn gesprochen wird, ist es im Grunde gut für alle", betonte Merkel.

Im Handelskonflikt zwischen der EU und den USA setzt Merkel auf eine Lösung am Verhandlungstisch. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker werde in der kommenden Woche bei seiner Reise nach Washington Vorschläge machen, wie man in einen "Gesprächsprozess" kommen könne, sagte Merkel am Freitag in Berlin. Man werde darüber reden, was möglich sei. EU-Gegenmaßnahmen seien die "mit Abstand schlechtere Lösung".

Merkel räumte ein, dass der bisherige internationale Ordnungsrahmen "im Augenblick stark unter Druck steht". Sie werde aber weiter für den so genannten Multilateralismus werben, betonte sie.

Trump und Nato

Merkel (CDU) hat außerdem die Nato-Beistandsgarantie für das Mitgliedsland Montenegro bekräftigt. "Die Beistandspflicht ist ein zentrales Element der Nato", sagte Merkel am Freitag vor der Hauptstadtpresse - um damit einigen daran zweifelnden Aussagen von Trump entgegenzutreten.

"Und nach meiner Auffassung gilt dieser Artikel 5 (des Nordatlantikvertrags) für alle Mitgliedstaaten der Nato, nicht nur für große oder für kleine oder für einige." Montenegro habe große Anstrengungen unternommen, um Mitglied des Verteidigungsbündnisses zu werden, sagte Merkel. "Insofern freue ich mich über das Mitglied Montenegro."

Israels "Nationalstaat"-Gesetz

Auch über das umstrittene "Nationalstaat"-Gesetz in Israel zum Minderheitenschutz wurde Mekrel bei der Pressekonferenz begragt. Sie sei der festen Überzeugung, "dass es das Recht der Existenz für einen jüdischen demokratischen Staat gibt", sagte Merkel am Freitag in Berlin.

Dies gelte "zusammen mit einem lebensfähigen palästinensischen Staat", zu dem es aber wenig Fortschritte gebe. In der Diskussion sei sehr wichtig, dass der Minderheitenschutz als Teil der Demokratie eine wirklich wichtige Bedeutung habe. Sie könne verstehen, dass es eine kontroverse Diskussion gebe. Konkret zu dem Gesetz wollte sich Merkel nicht äußern. Sie verfolge die Diskussion sehr aufmerksam. Sie wolle sich aber nicht in innere Angelegenheiten Israels einmischen.

Diesel-Nachrüstungen

In Deutschland ein großes Thema war die letzten Wochen und Monaten auch die umstrittene Frage technischer Diesel-Nachrüstungen. Merkel kündigte eine Entscheidung bis Ende September an. "Wir müssen gucken, wie wir unter der Maßgabe der Verhältnismäßigkeit, der Notwendigkeit, möglichst Fahrverbote zu vermeiden, eine vernünftige Lösung finden Ende September", sagte die CDU-Politikerin am Freitag in Berlin.

Merkel verwies darauf, dass es zur Frage von Hardware-Nachrüstungen unterschiedliche Einschätzungen gebe. Die SPD fordert technische Diesel-Nachrüstungen, also Umbauten direkt am Motor. Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist dagegen - er hat rechtliche, technische und finanzielle Bedenken.

ThyssenKrupp

Merkel hat sich indirekt auch gegen eine drohende Zerschlagung des Industriekonzerns ThyssenKrupp ausgesprochen. Merkel schließe sich der Meinung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) an, der dafür werbe, dass ThyssenKrupp ein "möglichst breit aufgestelltes" Unternehmen bleibe. Dies sei aber zum Schluss eine wirtschaftliche Entscheidung, die das Unternehmen zu treffen habe.

(APA)

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