US-Botschafter Traina: „Gerede um transatlantische Kluft übertrieben“

US-Botschafter Trevor Traina: „Es ist populär, sich über die USA zu beklagen.“
US-Botschafter Trevor Traina: „Es ist populär, sich über die USA zu beklagen.“(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Trevor Traina, der neue US-Botschafter in Wien, will auch nach dem Nato-Gipfel und dem Treffen Trump/Putin keine Spannungen mit Europa sehen. Er spricht über Österreichs Beziehungen zum Iran, über Sebastian Kurz und die FPÖ.

Die Presse: Herr Botschafter, Freitagfrüh sind wir mit der überraschenden Nachricht aufgewacht, dass Donald Trump Wladimir Putin nach Washington eingeladen hat – sehr zum Erstaunen der US-Geheimdienste. Wie sehen Sie diese neueste Volte? Gibt es tatsächlich einen transatlantischen Riss?

Trevor Traina: Ich denke, dass das Gerede um die angebliche Kluft zwischen den USA und Europa ziemlich übertrieben ist. Es ist geradezu ironisch, dass das Engagement des Präsidenten für Europa Kritik auf sich zieht. Ob es um eine stärkere Nato geht oder um bessere Beziehungen zu Russland: Das sind Zeichen eines neuen amerikanischen Engagements. Die Beziehungen zu Russland waren fast auf einem Allzeittief. Alles, was das Klima verbessert, ist positiv.

Die europäischen Politiker zeigen sich aber besorgt über Trumps Nato-Kurs.

Die Resultate des Nato-Gipfels waren exzellent. Wir sehen eine potentere Nato, das war das Ziel des Präsidenten. Er hat beim Kongress mehr Geld für die Verteidigung erkämpft. Natürlich reagiert er sensibel, wenn er mehr Ressourcen in das Bündnis steckt und die Europäer es ihm nicht gleichtun. Sein Auftritt bei der Nato war vom Geist getragen, die Allianz zu stärken. Das kommt in der Abschlusserklärung zum Ausdruck.

In Teilen Europas herrscht aber das Gefühl vor, dass Trump mit den Feinden kuschelt, aber auf die Verbündeten einschlägt.

In Österreich höre ich vor allem, dass die Menschen bessere Beziehungen zu Russland wollen. Der Präsident will eine gemeinsame Ebene mit Russland finden – sei es in Syrien, sei es in Nordkorea. Das ist doch etwas Gutes.

Hat sich das US-Image in Europa verschlechtert? Und wenn ja: Wie kann man es verbessern?

Der Niedergang der Beziehungen zu den USA ist ein beliebtes Thema. Erst gestern habe ich einen Artikel aus dem Jahr 2003 dazu gelesen. Vielleicht werden wir das 2080 wieder tun. Die Beziehungen sind sehr gut, jene zwischen den USA und Österreich sogar exzellent. Meine Aufgabe ist es, neue Wege der Kooperation zu erkunden.

Sehen Sie einen Anstieg des Antiamerikanismus?

Ich höre Beschwerden über die USA, die Lärm erzeugen. Ich frage die Leute dann: „Haben Sie ein i-Pad? Hören Sie amerikanische Musik? Tragen Sie Levis-Jeans?“ Und meist sagen sie: „Natürlich.“ Es ist sehr populär, sich über die USA zu beklagen. Doch die Verbindungen gehen sehr tief. Ich muss manchmal darüber lachen: Zum einen beschweren sie sich über unser Land, zum anderen fliegen sie daraufhin nach New York.

Wie viel Zeit verbringen Sie denn derzeit damit, die Bocksprünge des US-Präsidenten zu erklären?

Diese Regierung unterscheidet sich von vorherigen, weil sie sich ganz stark auf Business und wirtschaftliche Perspektiven konzentriert. Das ist auch mein Background. Ich versuche, mich da einzubringen. Und das ist auch ein Grund, warum ich hier bin.

Österreich hat gute Kontakte zum Iran, die US-Regierung fährt eine harte Linie gegen Teheran. Zuletzt war Irans Präsident, Hassan Rohani, in Wien. Stört Sie das?

Der Nukleardeal ist daran geknüpft, den Iran davon abzuhalten, Atomwaffen zu entwickeln und seine Politik in der Region zu mäßigen – und im letzten Punkt hat sich die Lage in den vergangenen Jahren verschlechtert. Das jüngste Beispiel ist jener iranische Diplomat in Wien, der in ein Terrorkomplott in Paris involviert ist. Präsident Trump hat dem Dialog eineinhalb Jahre eingeräumt, bevor er die Entscheidung getroffen hat, den Pakt aufzukündigen. Sogar jetzt würde er einen Dialog mit dem Iran begrüßen.

Österreichische Firmen sind aber besorgt, dass sie wegen ihrer Investitionen im Iran von den USA bestraft werden könnten. Was sagen Sie diesen Firmen?

Den Firmen war immer klar, dass es ein Risiko gibt, wenn man im Iran Geschäfte macht. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten im Iran sind sehr gering. Die USA hingegen sind der zweitgrößte Käufer österreichischer Waren weltweit. Ein kleiner Zuwachs an Handel mit Amerika ist viel mehr wert als der gesamte Handel mit dem Iran.

Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, scheint von Österreichs Bundeskanzler, Sebastian Kurz, begeistert zu sein. Er hat sogar behauptet, Kurz sei „ein Rockstar“. Was halten Sie von dieser Kategorisierung?

Kanzler Kurz ist ein gutes Beispiel für einen erfolgreichen Politiker des 21. Jahrhunderts. Die Welt verändert sich. Die Techniken, wie man eine Wahlkampagne führt, ändern sich. Er ist erfolgreich, weil er diese Trends erkannt und darauf geantwortet hat.

Sein Koalitionspartner, FPÖ, sieht sich aber immer wieder mit Kritik konfrontiert, gerade auch in den USA. Es geht dabei auch um den Vorwurf des Antisemitismus.

Mein Job ist es, alle Menschen der USA gegenüber allen Menschen in Österreich zu repräsentieren. Ich werde mit jeder demokratisch gewählten Regierung zusammenarbeiten. Ich mache mir mehr Sorgen darüber, was Menschen tun, als darüber, was Menschen sagen. Wir werden weiter mit der Regierung zusammenarbeiten.

Botschafter Grenell hat für Aufregung gesorgt, weil er sich sehr aktiv in die deutsche Innenpolitik einmischen wollte. Wie beschreiben Sie im Vergleich zu ihm Ihren Job als Botschafter in Wien?

Mein Job ist, mehr zuzuhören, als zu sprechen. Ich will die Freundschaft zwischen den Menschen der USA und den Österreichern fördern. Ich bin Kunstsammler und Weinbauer, und ich schätze Österreich als Land der Hochkultur mit Kunst und gutem Essen.

ZUR PERSON

Trevor Traina. Der Kalifornier aus einer prominenten Familie aus San Francisco, ein IT-Unternehmer, Kunstsammler und Weinkenner, hat pünktlich zu seinem 50. Geburtstag im Mai seinen Posten als US-Botschafter in Österreich angetreten. Schon sein Großvater Wiley T. Buchanan hat von 1975 bis 1977 als Botschafter in Wien amtiert. Traina, der in Princeton, Oxford und Berkeley Politikwissenschaften und Wirtschaft studiert hat, kennt die US-Residenz in Hietzing also bereits seit Kindertagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.