Teile der Regierung sollen von dem prügelnden Mitarbeiter gewusst haben. Macron schweigt, die Linke und die Rechte sehen einen Skandal auf dem Niveau von Watergate.
Die französische Opposition wirft der Regierung in der Affäre um einen prügelnden Sicherheitsmitarbeiter von Präsident Emmanuel Macron Vertuschung vor. Der Skandal habe das Niveau von Watergate, sagte Linkspartei-Chef Jean-Luc Melenchon der Zeitung "Le Monde".
Während Innenminister Gerard Collomb am Montag im Parlament zu der Angelegenheit angehört werden soll, schweigt Macron weiterhin. Der 26-jährige Alexandre Benalla, ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes des Präsidenten, hatte am 1. Mai bei einer Kundgebung in Paris Teilnehmer geschlagen. Er trug dabei einen Polizeihelm, obwohl er kein Polizist ist. Teile der Regierung, darunter Innenminister Gerard Collomb, sollen laut französischen Medienberichten von dem Vorfall gewusst haben, die Staatsanwaltschaft wurde jedoch nicht unterrichtet.
Suspendiert mit Wohnung und Fahrer
Nach Angaben des Präsidialamtes wurde Benalla wenige Tage nach dem Vorfall für zwei Wochen ohne Bezahlung suspendiert und in die Verwaltung versetzt. Danach soll er aber auch wieder im Sicherheitsdienst im Einsatz gewesen sein; "Le Monde" zufolge bekam er eine Wohnung sowie einen Fahrer gestellt.
"Wer wusste davon? Wann? Warum ist die Justiz nicht eingeschaltet worden?", fragte der Chef der konservativen Oppositionspartei Les Republicains, Laurent Wauquiez, im Interview mit der Zeitung "Le Figaro". "Der wirkliche Skandal, das ist nicht Benalla", sondern die Regierung, die sich für die "Vertuschung" entschieden habe.
Öffentlich wurde der Vorfall erst am Mittwoch, als "Le Monde" ein Video von der Demonstration am 1. Mai veröffentlichte. Benalla wurde daraufhin am Freitag entlassen und in Polizeigewahrsam genommen. Am Sonntag übernahm ein Ermittlungsrichter die Untersuchung. Benalla wird unter anderem vorgeworfen, als öffentlicher Amtsträger Gewalt angewendet und sich als Polizist ausgegeben zu haben.
Der Beschuldigte verschaffte sich Videoüberwachungsbilder
Auch ein Mitarbeiter von Macrons Partei La Republique en Marche (LREM), Vincent Crase, ist von den Ermittlungen betroffen. Auf den von "Le Monde" veröffentlichten Videos ist zu sehen, wie er an Benallas Seite gewaltsam gegen Demonstranten vorgeht. Ihm wird unter anderem Amtsmissbrauch vorgeworfen.
Der Fall gewann weiter an Brisanz, als bekannt wurde, dass sich Benalla am Mittwochabend - zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichungen durch "Le Monde" - illegalerweise Videoüberwachungsbilder vom 1. Mai beschaffte. Drei Polizisten wurden in diesem Zusammenhang suspendiert. Sie sollen Benalla das Videomaterial der Stadt Paris zugespielt haben.
Innenminister Collomb kündigte eine Untersuchung durch die Polizeiaufsicht an. Er selbst soll am Montagvormittag in einem Ausschuss der Nationalversammlung befragt werden. Für Linken-Chef Melenchon "ist der Innenminister bereits disqualifiziert" und "wird natürlich zurücktreten".
Watergate von allen Seiten
Präsident Macron, der bei seinem Amtsantritt versprochen hatte, Moral und Transparenz in Frankreichs skandalgeplagte Politik zurückzubringen, hat sich in der Angelegenheit bisher nicht geäußert. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen bemühte wie Melenchon den Vergleich mit Watergate und prangerte "Lügen seitens der Regierung" und "eine Art Lüge durch Unterlassung des Präsidenten" an.
(APA/AFP)