Nur ein Bruchteil aller Flüchtlinge kommt nach Europa

Grafik: Flüchtlinge weltweit
Grafik: Flüchtlinge weltweitAPA
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In der gesamten EU leben weniger Flüchtlinge und Asylwerber als in der Türkei. Rund 85 Prozent aller Geflohenen finden in Entwicklungsländern Schutz.

Es ist das beherrschende Thema in der EU seit fast drei Jahren: Flucht und Migration. Und das, obwohl sich tatsächlich nur ein Bruchteil aller weltweiten Flüchtlinge in der EU befindet. In der gesamten Europäischen Union leben weniger Flüchtlinge und Asylwerber als beispielsweise alleine in der Türkei.

Weltweit gibt es aktuell fast 70 Millionen Menschen, die gewaltsam vertrieben wurden, wie der Bericht "Global Trends 2017" des UNO-Flüchtlingshochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) zeigt. Das sind um drei Millionen mehr als noch im Jahr davor. Die Zahl jener, die im vergangenen Jahr in der Europäischen Union einen Antrag auf Asyl stellten, sank indes um nahezu die Hälfte auf knapp 650.000.

Grafik: Flüchtlinge weltweit
Grafik: Flüchtlinge weltweitAPA

Europa ist gespalten über die Frage, wie mit Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind und den Weg bis in die EU geschafft haben, umgegangen werden soll. Fest steht jedoch, dass die EU im weltweiten statistischen Vergleich nur in geringem Ausmaß von Flüchtlingsbewegungen betroffen ist.

85 Prozent finden in Entwicklungsländern Schutz

Ein Großteil der Vertriebenen weltweit - 40 von den insgesamt knapp 70 Millionen - bleiben nämlich in der Region. So beherbergt beispielsweise Kolumbien 7,7 Millionen Binnenvertriebene - mehr als 15 Prozent der kolumbianischen Bevölkerung sind also Flüchtlinge im eigenen Land. In Syrien sind es sogar über ein Drittel (über sechs Millionen Binnenflüchtlinge), in der Demokratischen Republik Kongo 5,3 Prozent der Bevölkerung (4,3 Millionen Binnenflüchtlinge).

Grafik: Flüchtlinge weltweit
Grafik: Flüchtlinge weltweitAPA

Auch von jenen Flüchtlingen, die ins Ausland fliehen (28,5 Millionen), hält sich nur ein Bruchteil, nämlich rund 3,7 Millionen, in der EU auf. Neun von zehn Hauptaufnahmeländer sind laut UNO-Definition Entwicklungs- und Schwellenländer, Deutschland ist mit 1,4 Millionen einziges Industrieland in den Top 10. Mit Abstand am meisten Flüchtlinge und Asylwerber leben in der Türkei (3,8 Millionen), das entspricht 4,7 Prozent der türkischen Bevölkerung. Jordanien (2,9 Millionen), das Westjordanland samt Gazastreifen (2,2 Millionen) sowie der Libanon (1,5 Millionen) zählen ebenfalls zu den Top 5 der Aufnahmeländer.

Die Zahlen in EU-Ländern wirken dem gegenüber weniger dramatisch. Griechenland beherbergte 2017 rund 83.000 Flüchtlinge und Asylwerber, Italien knapp 355.000 und Spanien 54.000 - wobei bei Letzterem freilich anzumerken ist, dass die stark gestiegenen Ankünfte der vergangenen Monate hier nicht berücksichtigt sind. Auch in Österreich und Schweden bestätigt die Statistik das öffentliche Bild nicht: Laut UNO leben in der Alpenrepublik 172.570 Flüchtlinge und Asylwerber (etwa 115.000 anerkannte Flüchtlinge und 56.000 Asylwerber mit laufenden Verfahren plus 1.000 Staatenlose), in Schweden 328.000 (240.000 davon anerkannte Flüchtlinge). In Ungarn gar nur 6500.

Rund 85 Prozent aller Flüchtlinge und Asylwerber finden in Entwicklungsländern selbst Schutz. Die Hauptlast der globalen Migrationsbewegungen tragen Länder, die selbst von Armut und Hunger betroffen sind.

(APA/dpa)

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