Luftangriff im Jemen trifft Schulbus - mindestens 47 Tote

Eine Szene nach dem Luftangriff auf einen Markt im Norden des Jemen.
Eine Szene nach dem Luftangriff auf einen Markt im Norden des Jemen.REUTERS
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Die Kinder waren vermutlich auf dem Weg in Sommerschule, als das Geschoss der saudiarabischen Militärkoalition in der nördlichen Provinz Saada einschlug.

Im Jemen sind bei einem verheerenden Luftangriff der von Saudiarabien geführten Militärallianz auf einen Schulbus nach Houthi-Darstellung am Donnerstagmorgen mindestens 47 Menschen getötet worden, die meisten davon Kinder und Teenager. Bei dem Massaker in der Provinz Saada im Norden des Landes wurden zudem mehr als 77 Menschen verletzt, so Sprecher des Gesundheitsministeriums, Youssef al-Hadri.

Die Bombardements hätten Raketenstellungen der mit dem Iran verbündeten Houthi-Rebellen in der Region gegolten, sagte Oberst Turki al-Malki, Sprecher des Militärbündnisses. Es handle sich dabei um eine Vergeltungsaktion für einen Raketenangriff auf den Süden Saudiarabiens in der Nacht zuvor. Die Stadt Jizan sei am Mittwoch beschossen worden, wobei ein Jemenit ums Leben gekommen sei.

Mit Angriffen auf saudiarabische Städte sei eine "rote Linie" überschritten worden, hieß es in einer Stellungnahme. Der Angriff sei ein legitimer Militäreinsatz gewesen und stünde im Einklang mit dem internationalen und humanitären Recht, so al-Malki.

Viele Kinder unter den Opfern

Die meisten der Opfer des verheerenden Luftschlags waren dem von den Rebellen kontrollierten Gesundheitsministerium in Sanaa zufolge Kinder. Der Sprecher der arabischen Militärkoalition nahm nicht direkt Bezug auf den Angriff auf den Schulbus.

Einwohner berichteten, der Bus habe Kinder in eine Sommerschule nahe dem Ort Dahjan fahren sollen, als er getroffen wurde. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) sprach in einem Tweet von Dutzenden Toten sowie Verletzten, die in einem Krankenhaus behandelt würden.

Bilder, die im Internet kursierten, zeigten verkohlte und verstümmelte Kinderleichen in einem Krankenhaus; teilweise sind sie noch an den Tropf angeschlossen. Auf Videos sind herzzerreißende Schreie von Verletzten zu hören. Blutüberströmt und mit Staub in den Haaren wird ein kleiner Junge auf eine Liege gehoben. Seine blaue Schultasche trägt er noch auf dem Rücken. Die Bilder konnte die Deutsche Presse-Agentur zunächst nicht auf Echtheit überprüfen.

Kritik von UNO und Kinderhilfswerk Unicef

Das UNO-Kinderhilfswerk Unicef äußerte sich besorgt über die neuen Berichte über getötete Kinder. "Ich sehe mit Schrecken die Bilder und Videos aus Saada und mir fehlen die Worte", schrieb die UNICEF-Landesdirektorin im Jemen, Meritxell Relano, auf Twitter. "Inwiefern war das ein militärisches Ziel? Warum werden Kinder getötet?"

Die Militärallianz hat die Lufthoheit über dem Bürgerkriegsland und hat in der Vergangenheit bereits Hochzeiten und Trauerfeiern angegriffen. Seit der Eskalation des Konfliktes 2015 bombardiert das Bündnis Stellungen der Houthi-Rebellen. Dabei starben insgesamt mehr als 10.000 Menschen, darunter Tausende Zivilisten. Der Angriff am Donnerstag ist einer der schwersten auf unbeteiligte Menschen in dem Bürgerkrieg.

Auch wegen der Luftangriffe bezeichnen die Vereinten Nationen den Konflikt im Jemen als schwerste humanitäre Krise der Gegenwart. Infrastruktur und Versorgungseinrichtungen sind vielerorts zerstört. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO hat mehr als die Hälfte der 28 Millionen Jemeniten keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Mehr als 22 Millionen sind nach UNO-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Zwischenzeitlich wüten Seuchen wie Cholera und Diphtherie.

Stammland der Rebellen

Der Ort des Angriffs, die Provinz Saada im Norden des Jemen, ist das Stammland der Houthi-Rebellen, die gegen die Truppen von Präsident Abd-Rabbu Mansour Hadi kämpfen und das Land 2014 zu weiten Teilen eroberten. Bis heute kontrollieren sie vor allem den Norden des Landes und die Hauptstadt Sanaa. Von Saada aus schießen die Aufständischen, die vom saudiarabischen Erzfeind Iran unterstützt werden, immer wieder Raketen über die Grenze Richtung Saudiarabien. Dies heizt den Konflikt weiter an.

Erst vor einer Woche hatte der UNO-Sondergesandte für den Jemen, Martin Griffiths, die ersten Friedensgesprächen seit zwei Jahren angekündigt. Er wolle die Konfliktparteien zum 6. September nach Genf einladen. Doch tobt der Krieg weiter: Erst am Freitag hatte ein Bombardement nahe eines Krankenhauses in der strategisch wichtigen Hafenstadt Hodeidah mehr als 50 Menschen getötet. Am Donnerstag gab es zudem mindestens fünf weitere Luftangriffe auf Sanaa.

(APA/dpa)

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