Malediven: Der Wahlsieger, der im Exil sitzt

In der Hauptstadt Malé feierten Anhänger den Triumph der Opposition und ihres Kandidaten Mohamed Solih.
In der Hauptstadt Malé feierten Anhänger den Triumph der Opposition und ihres Kandidaten Mohamed Solih. (c) REUTERS (ASHWA FAHEEM)
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Ex-Premier Nasheed jubelte mit seinem Statthalter über den Triumph der Demokratie im Ferienparadies. Der Amtsinhaber, der sich an China anlehnte, erlitt eine schwere Schlappe.

Wien/Malé. Der heimliche Wahlsieger saß in einem Hotel in Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas, und verfolgte von seinem Exil aus den Wahltriumph seiner Partei auf den Malediven. Eine Kandidatur bei den Parlamentswahlen im Urlaubsparadies im Indischen Ozean war Mohamed Nasheed, dem gestürzten Ex-Premier, verwehrt geblieben. Das Militär hatte den ersten frei gewählten Premier des Archipels, einen international akklamierten Mahner vor dem Klimawandel mit weithin beachteten Auftritten vor der UNO, 2012 aus dem Amt geputscht.

Aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen, ging Nasheed erst nach London und später nach Colombo, wo er sich auf ein Comeback vorbereitete. Jetzt könnte seine Rückkehr in die Politik tatsächlich bevorstehen – ein Auftauchen, nachdem er mit einer Unterwasser-Kabinettssitzung schon einmal für Furore gesorgt hatte.

Der Favorit ging unter

Und so gratulierte der 51-Jährige in Jubelstimmung seinem Statthalter in Malé, der Hauptstadt des Inselreichs. Mohamed Solih, genannt „Ibu“, der Führer des Oppositionsbündnisses, hatte einen sensationellen Wahlerfolg gefeiert. Auf den 54-Jährigen entfielen 58 Prozent, auf Premier Abdulla Yameen nur 42 Prozent. Der Favorit war untergegangen. Die hohe Wahlbeteiligung von rund 90 Prozent und die langen Warteschlangen vor den Wahllokalen erzwangen eine Verlängerung der Öffnungszeiten.

Der Wahlsieg stand indes früh fest, und er warf alle Prognosen über den Haufen, die eine Wiederwahl des Amtsinhabers vorausgesagt hatten. Noch am Vorabend vor der Wahl hatte der Regierungschef eine Razzia des Hauptquartiers der Opposition angeordnet. Regierungsgegner fürchteten Wahlmanipulationen oder gar eine Annullierung der Wahl, die EU hatte nicht einmal ein Beobachterteam geschickt, Korrespondenten wurden vielfach die Visa verweigert.

In Jubelchören feierten Tausende Anhänger den Wahlsieg in Malé, einer Bastion der Opposition, wo mehr als ein Drittel des 420.000-Einwohner-Volks lebt. Sie skandierten „Ibu, Ibu, Ibu“. „Die Botschaft ist laut und klar. „Das Volk der Malediven will Wandel, Frieden und Gerechtigkeit“, rief Solih aus, ehe sich auch Yameen in die Niederlage fügte.

Fünf Jahre lang hatte der Premier den Archipel an der Südspitze Indiens mit seinen 26 Atollen und fast 1200 Inseln mit zunehmend harter Hand regiert. Der Autokrat suchte die Nähe zu China und Saudiarabien, die sich mit Investitionen und Milliardenkrediten am Tourismusboom beteiligten. Von Indien und den USA kritisch beäugt, sieht Peking Malé als Teil einer „Perlenkette“ von Häfen im Zuge seiner Seidenstraßen-Strategie. Chinesische Firmen engagieren sich bei Infrastrukturprojekten wie dem Ausbau des Flughafens von Malé und der aus allen Nähten platzenden Hauptstadt sowie einer Brücke. Yameen soll China auch den Verkauf mehrerer Inseln in Aussicht gestellt haben. Besonders beliebt für Flitterwochen unter jungen Chinesen, stellen sie inzwischen den größten Anteil an Touristen auf den Malediven.

Der Machtwechsel in Malé ist für Mitte November avisiert. Bis dahin hat Yameen noch Zeit, eine Ranküne zu schmieden, wie im Februar, als er ein Urteil des Höchstgerichts ignorierte, das die Freilassung politischer Gefangener dekretierte. In einem kalten Putsch verhängte er einen sechswöchigen Notstand und die Verhaftung seines Halbbruders Maumoon Abdul Gayom, der zuvor 30 Jahre regiert und sich im Vorjahr im Familienzwist von Yameen entzweit hatte.

Der Wahlsieger

Mohamed Solih, genannt Ibu, errang einen überraschenden Wahlsieg. Der 54-Jährige sprang für Mohamed Nasheed ein, den charismatischen Oppositionsführer im Exil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2018)

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