Mittelmeer: Aus für letztes privates Rettungsschiff

(c) APA/AFP/PAU BARRENA
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Panama entzieht nach Beschwerden aus Rom der Aquarius 2 die Registrierung. Hilfsorganisationen warnen vor mehr Toten. Italiens Innenminister ist „stolz“.

Wien/Rom. Noch einmal war sie ausgelaufen und hatte vor der Küste Libyens Menschen in Seenot gerettet. Doch nach der Ankündigung Panamas, der Aquarius 2 die Registrierung zu entziehen, könnte der Einsatz in dieser Woche zu Ende gehen. Italien, das seine Häfen für private Rettungsschiffe geschlossen hat, dürfte Druck auf Panama ausgeübt haben, dem von den beiden Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen (MSF) und SOS Méditerranée betriebenen Schiff die Lizenz zu entziehen. Damit ist künftig kein privates Rettungsschiff mehr im zentralen Mittelmeer im Einsatz.

Während die Hilfsorganisationen vor neuen Toten im Mittelmeer warnten, zeigte sich Italiens rechtspopulistischer Innenminister Matteo Salvini erfreut. „Kein NGO-Schiff ist mehr unterwegs.“ Er sei „stolz“, dass es ihm gelungen sei, „mit Fakten zu beweisen, dass man den Menschenhandel stoppen kann“.

Freilich hatten sich die Hilfsorganisationen nie als Menschenhändler gefühlt. „Die europäischen Politiker scheinen keine Skrupel zu haben, zunehmend beleidigende und bösartige Taktiken anzuwenden, die auf Kosten von Menschenleben ihren eigenen politischen Interessen dienen“, sagt Karline Kleijer von Ärzte ohne Grenzen, Leiterin der Nothilfe im Mittelmeer.

Streit um Rückführung

Die Aquarius 2 (vormals Aquarius) hatte am Sonntag laut Angaben von MSF und SOS Méditerranée vor Libyen nach Verhandlungen mit der libyschen Küstenwache 47 Menschen aufgenommen. Sie waren auf einem Holzboot unterwegs gewesen, das zu kentern drohte. Bereits letzte Woche wurden elf Menschen aufgenommen. Während die Hilfsorganisationen eine Rückführung an die libysche Küste verweigern, da die Lage im Land den Geretteten derzeit nicht ausreichend Schutz garantiere, wollten Italien und andere EU-Regierungen keine Überfahrten nach Europa mehr ermöglichen. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte beim EU-Gipfel in Salzburg die Flüchtlingsrettung durch Hilfsorganisationen ausdrücklich kritisiert und darauf hingewiesen, dass es für die EU erst dann eine Pflicht gebe, diese Menschen an Land zu bringen, wenn sie in europäischen Küstenwässern ankämen.

Die Aquarius 2 war erst vor wenigen Tagen nach einer 19-tägigen Zwangspause von Marseille aus unter panamaischer Flagge ausgelaufen, nachdem bereits die britische Kronkolonie Gibraltar dem Schiff die Registrierung entzogen hatte. Panama rechtfertigte nun den Entzug mit Beschwerden der italienischen Behörden, wonach sich die Schiffsbesatzung geweigert habe, aufgenommene Menschen in ihren libyschen Ausgangshafen zurückzubringen. Salvini dementiert, dass er Druck auf Panama ausgeübt habe.

Wer die insgesamt 58 Geretteten an Bord übernimmt, war am Montag offen. Auch, ob das Rettungsschiff in einem europäischen Hafen anlegen darf. (ag/wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.09.2018)

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